NSCLC


Personalisierte Medizin beim nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom

3 Länder – 3 Stimmen: Experten im Austausch 
Therapieentscheidend: ALK+ NSCLC im Frühstadium
  • Alecensa® 150 mg Hartkapseln
Abstract

Wann ist der ideale Zeitpunkt zum Testen? Sollte dies stadienunabhängig passieren? Werden die Kosten erstattet? Länderspezifische Antworten lieferten drei Experten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz im spannenden Webinar. Als anschauliches Beispiel wählten Sie das ALK-Fusions-positive nicht-kleinzellige Lungenkarzinom (ALK+ NSCLC). Hier wird die Bedeutung einer frühzeitigen Diagnose und Therapie besonders deutlich.

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„Testen, Testen, Testen“ – doch ist das bereits die Praxis?

„Beim fortgeschrittenen ALK+ NSCLC sehen wir bisher die längsten medianen Überlebenszeiten überhaupt für eine personalisierte, treibermutationsgerichtete Therapie“, eröffnete Prof. Jürgen Wolf, Ärztlicher Leiter am Centrum für Integrierte Onkologie der Uniklinik Köln, das Webinar. Über die rasanten Entwicklungen der letzten Jahre gab Prof. Wolf den Teilnehmenden einen Überblick: So wurde beispielsweise der Tyrosinkinase-Inhibitor (TKI) Alecensa® (Alectinib) im Jahr 2017 zugelassen, wobei zu diesem Zeitpunkt insbesondere die guten Daten zur intrakraniellen Wirksamkeit beeindruckend waren.1,2

Gemäß dem Ansatz ‚Hit hard and early‘ plädierte Prof. Wolf dafür, früh mit dem stärksten Inhibitor zu behandeln. Die Voraussetzung dafür: eine umfassende Testung. "Es ist wichtig, frühzeitig – möglichst bei Erstdiagnose – zu testen, damit die Patienten möglichst schnell von der am besten wirksamen Therapie profitieren", betonte Prof. Wolf. Bei rund der Hälfte der NSCLC-Patienten würden sich Targets für eine solche therapeutische Intervention finden lassen; ca. 4–5 % weisen eine ALK-Alteration auf.3 Neidlos erkannte Prof. Wolf an, dass die Kollegen im Punkt Testung zeitweise besser aufgestellt waren. „Als die Entwicklung losging, hinkten wir hinterher. Die Kollegen aus Österreich und der Schweiz waren effizienter, das liegt sicher auch an der Zentralisierung – wir haben ein dezentrales Gesundheitssystem.“

Doch glücklicherweise konnte aufgeholt werden: „Mit dem nNGM haben wir in Deutschland große Fortschritte gemacht.“ Dennoch fallen die Testraten in Deutschland noch immer zu gering aus, wie die Daten aus dem CRISP-Register zeigen: Trotz aktueller Leitlinienempfehlungen wird z. B. etwa ein Viertel der NSCLC-Patienten nicht auf ALK-Genfusionen getestet.Sie sind sich nicht sicher, welche Marker laut den Leitlinien in den fortgeschritten Stadien getestet werden sollen? Das können Sie hier nachlesen.

Ihre Pathologie bietet Ihnen nicht die Möglichkeit einer umfassenden molekulargenetischen Testung?

Über das „nationale Netzwerk Genomische Medizin (nNGM) Lungenkrebs“ erhalten Patienten mit fortgeschrittenem Lungenkrebs Zugang zu molekularer Tumordiagnostik und innovativen Therapien. Immer mehr Kliniken und onkologische Schwerpunktpraxen schließen sich dem von der deutschen Krebshilfe unterstützten, bundesweiten Netzwerk an, das ursprünglich als Verbund onkologischer Spitzenzentren gegründet wurde. Mit dem Ziel, personalisierte Therapien in der Routineversorgung beim Lungenkrebs zu implementieren, bietet das nNGM unter anderem molekulargenetische Tests zur umfassenden und leitliniengerechten Diagnostik Ihrer Patienten an. Die Testung ist für zuweisende Ärzte bzw. Zentren kostenneutral.

 

Mehr dazu, was das nNGM leisten kann, erfahren Sie im Interview mit Prof. Wolf.

Blick in die Nachbarländer: Herangehensweise in Österreich und der Schweiz

Prof. Dr. med. Oliver Gautschi, Chefarzt der Medizinischen Onkologie am Luzerner Kantonsspital, sieht in der Schweiz noch Verbesserungsbedarf beim Testen von plattenepithelialen Histologien. Hier scheint Deutschland bereits weiter zu sein. Dass man auch Plattenepithelkarzinome in die Testung einschließen sollte, daran ließen die Experten keinen Zweifel – immerhin 0,5 % der Patienten weisen hier eine ALK-Alteration auf.5 Die Experten waren sich zudem einig, dass die Testung von Rezidiven nicht vernachlässigt werden darf. Mittels Re-Biopsie und entsprechender Diagnostik lassen sich aus Sicht der Experten auftretende Resistenzmutationen identifizieren und nach Möglichkeit die (TKI-)Therapie daran anpassen. Wie solchen Resistenzmutationen in der Praxis begegnet werden könnte, diskutierte Prof. Wolf im Webinar.

Ganz vorne beim Thema Testung sehen die Experten Österreich: Seit 2020 wird bei NSCLC-Patienten stadienunabhängig so früh wie möglich mittels Next Generation Sequencing (NGS) breit getestet. „Ich wurde dafür belächelt, dass wir stadienunabhängig alle NSCLC-Patienten testen – für manche ist es noch völlig unklar, was das bringen soll“, so OA Dr. med. Maximilian Hochmair, Leiter der pneumoonkologischen Ambulanz und Tagesklinik der Klinik Floridsdorf in Wien (Österreich). Die Notwendigkeit einer frühen Testung verdeutlichte der Impulsvortrag von Prof. Gautschi.

Alecensa: Erste zugelassene TKI-Therapie beim frühen ALK+ NSCLC

Prof. Gautschi lieferte mit der ALINA-Studie eine Antwort auf die Frage, ob eine zielgerichtete Therapie auch in der Adjuvanz beim ALK+ NSCLC funktioniert: Die Therapie mit Alecensa führte zu einer deutlichen Reduktion des Rezidivrisikos nach Operation in frühen Stadien des ALK+ NSCLC.6 „Wir haben hier wirklich sehr eindrückliche Daten“, bewertete Prof. Gautschi die neuen Erkenntnisse, die zur Zulassung von Alecensa beim operablen ALK+ NSCLC führten – als erster ALK-TKI überhaupt im frühen Setting.

Mit Blick auf das Studiendesign für Gautschi besonders interessant: Im Alecensa-Arm wurde die Behandlung nicht mit einer Chemotherapie kombiniert.6 Dieser Punkt sorgte unter den Experten für Diskussion: Prof. OA Dr. Hochmair, der an der frühen Planung der ALINA-Studie beteiligt war, lieferte die Argumente für eine chemotherapiefreie adjuvante Behandlung mit Alecensa. „Jeder von uns kennt die neoadjuvanten Chemotherapie-Daten, die nicht sehr für sich sprechen.“ So können den Patienten auch die häufigen Nebenwirkungen einer Chemotherapie erspart bleiben.

Prof. Wolf rät bei älteren Patienten, die treibermutationsnegativ sind, ohnehin zur Vorsicht bei der adjuvanten Chemotherapie: „Das schlaucht die Patienten enorm.“ Die adjuvante Behandlung mit Alecensa war in der ALINA-Studie gut verträglich; die Zahl der Nebenwirkungen, die meist mit Dosisanpassungen behoben werden konnten, war in beiden Gruppen (Alecensa vs. Chemotherapie) etwa vergleichbar und das, obwohl Patienten im Schnitt deutlich länger mit Alecensa behandelt wurden (Median: ca. zwei Jahre vs. 2 Monate).6 Die gute Verträglichkeit und die Chance auf ein krankheitsfreies Überleben nach OP wirkten sich auch auf die Lebensqualität aus: Gegenüber der Chemotherapie zeigte sich unter Alecensa eine langfristige Verbesserung, vor allem mit Blick auf psychisch-mentale Parameter.7

Doch wie sieht es hier mit der Testung auf therapierelevante Marker in den frühen Stadien aus? Welche Möglichkeiten es in Deutschland, u. a. im Rahmen des nNGMs – verglichen mit Österreich und der Schweiz gibt, erörterten die Experten im Webinar. „Die Kosten einer Immuntherapie überwiegen die Kosten der Testung, daher sollte das kein Argument sein“, ist Prof. OA Dr. Hochmair der Meinung. Zur Erinnerung: In Österreich werden bereits seit 2020 alle NSCLC-Patienten stadienunabhängig getestet.

Wo stehen wir bei der molekulargenetischen Testung und wo wollen wir hin? Dieser Frage hat Prof. Wolf sich im Videointerview gestellt:

Videolänge: 04:53 min

Prof. Dr. Jürgen Wolf

Ärztlicher Leiter des Centrums für Integrierte Onkologie (CIO) des Universitätsklinikums Köln

  1. Gadgeel S et al., Ann Oncol 2018; 29(11): 2214–2222.
  2. Peters S et al., N Engl J Med 2017; 377: 829–838.
  3. Griesinger F et al. Lungenkarzinom, nicht-kleinzellig (NSCLC). Onkopedia Leitlinie, Stand: April 2025.
  4. Clinical Research Platform Into Molecular Testing, Treatment and Outcome of (Non-)Small Cell Lung Carcinoma Patients (CRISP). ClinicalTrials.gov identifier: NCT02622581.
  5. Griesinger F et al. Lung Cancer 2021; 152: 174–184.
  6. Wu Y-L et al. NEJM 2024; 390: 1265–1276.
  7. Nishio M et al., ASCO 2024, oral presentation, Abstract #8006.
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