Ophthalmologie

Telemedizin Teil II: Was tut sich
in der Ophthalmologie?

In Teil I unserer Telemedizin-Reihe haben wir Ihnen vorgestellt, was überhaupt zur Telemedizin gehört, warum sie sinnvoll ist und welche Voraussetzungen für eine Anwendung erfüllt sein müssen. In diesem Teil (II) möchten wir Ihnen vorstellen, welche telemedizinischen Konzepte es in der Ophthalmologie bereits gibt und welche Entwicklungen sich hier abzeichnen.

Warum nun also Telemedizin auch noch in der Ophthalmologie? 

Mit dem demografischen Wandel wird auch eine Zunahme altersbedingter Erkrankungen wie der altersabhängigen Makuladegeneration oder dem Diabetes mellitus mit einer entsprechenden Risikoerhöhung für diabetische Retinopathien beobachtet.1,2  Dies erfordert wiederum entsprechende Screening-Untersuchungen an einer großen Zahl Betroffener wie auch eine adäquate Behandlung der erkrankten Personen. Die Vorteile telemedizinischer Behandlungskonzepte wurden zudem während der COVID-19 Pandemie mehr als deutlich: Durch die notwendige körperliche Nähe während ophthalmologischer Untersuchungen ist kaum eine Berufsgruppe einem höheren Infektionsrisiko ausgesetzt als Ophthalmolog:innen.3 Auf der anderen Seite führte die Reduktion nicht zwingend notwendiger medizinischer Maßnahmen häufig zu verlängerten Nachbeobachtungs- und Therapieintervallen und infolgedessen zu einer schlechteren Krankheitskontrolle4, was Behandler:innen und Patient:innen vor eine schwierige Abwägung bezüglich des Gesundheits- und des Infektionsschutzes stellte. Auch wenn telemedizinische Alternativen die persönliche Untersuchung nicht ersetzen sollen, so können sie doch einen adäquaten Lösungsansatz darstellen, da sie großangelegte Screening Programme genauso wie Videosprechstunden und App-gestützte Visuskontrollen ermöglichen, welche wiederum das Infektionsrisiko reduzieren und gleichzeitig helfen, das Intervall aufwendiger Interventionen (wie etwa intravitrealer Injektionen) zu optimieren.

Projekte in der Tele-Ophthalmologie

 1. Apps 

 

Sicherlich zu den einfachsten und dennoch effektivsten telemedizinischen Entwicklungen zählen Apps, mit deren Hilfe Patient:innen eigenständig Sehtests zuhause durchführen und deren Ergebnisse dann wiederum zur Diagnose und/oder Verlaufskontrolle an das Behandlerteam übermittelt werden können. Wir haben Apps in diesem Beitrag von anderen Medizinprodukten getrennt aufgeführt, auch wenn diagnostische Apps meist selbst als Medizinprodukt gelten. In Zeiten der COVID-19 Pandemie gewährleisten solche Anwendungen beispielsweise eine durchgehende Verlaufskontrolle bei gleichzeitig verringerter Zahl persönlicher Kontakte. Neben der Sehschärfe lassen sich durch solche Apps die Pupillengröße, die Farbwahrnehmung, Fehlsichtigkeiten wie Astigmatismen, retinale Degenerationsprozesse (Amslertest) oder auch die Augenbeweglichkeit untersuchen.5 So konnte in einer aktuellen britischen Studie gezeigt werden, dass mithilfe einer solchen App Symptomverschlechterungen bei Erkrankungen der Makula frühzeitig detektiert und die Notwendigkeit intravitrealer Injektionen ermittelt werden konnte.6

 

2. Medizinprodukte

 

Besonders spannend ist die Entwicklung kompakter Linsensysteme, mit deren Hilfe sich Smartphones in Instrumente der ophthalmologischen Augenuntersuchung verwandeln lassen. Hierdurch lassen sich ansonsten sehr aufwendige und kostenintensive Diagnostikverfahren für eine größere Zahl von Menschen und z.B. auch in Entwicklungsländern einsetzen. Beispiele hierfür sind das Screening der Frühgeborenenretinopathie7 und das Screening zur diabetischen Retinopathie8,9. In beiden Fällen ermöglichen zusätzliche Linsen und optische Systeme eine Smartphone-gestützte Fundus-Fotografie. 

Des Weiteren werden Systeme entwickelt, mit deren Hilfe Patient:innen eigenständig Untersuchungen zur Früherkennung oder Verlaufskontrolle verschiedener Erkrankungen durchführen können: z.B. die Bestimmung ihres Augeninnendrucks10 oder die Messung der zentralen retinalen Dicke mittels mobiler Systeme zur optischen Kohärenztomographie (OCT).11 Breite Früherkennungsprogramme können zudem durch den Einsatz künstlicher Intelligenz unterstützt werden, wodurch sich die Geschwindigkeit der Datenverarbeitung deutlich erhöhen lässt. Weitere Infos zum Einsatz künstlicher Intelligenz in der Ophthalmologie finden Sie in diesem Artikel.

 

3. Tele-Kommunikation

 

Wie auch in anderen medizinischen Fachgebieten werden telemedizinische Kommunikationsmöglichkeiten auch in der Ophthalmoskopie eingesetzt, um fachliche Expertise stärker zu vernetzen und flächendeckender einzusetzen. So können, neben dem Angebot von Videosprechstunden mit Patient:innen, z.B. Tele-Augenkonsile durchgeführt werden, um schwierige Befunde oder Therapieentscheidungen mit erfahrenen Kolleg:innen zu diskutieren.12 Einige Kliniken bieten mittlerweile die externe Befundung diagnostischer Bildgebungsdaten an, was die Effizienz und die Abdeckung der Augendiagnostik erhöht. 

 

Einer der größten Vorteile, den die Integration solcher telemedizinischen Versorgungsleistungen bietet, ist sicherlich die Optimierung der Arbeitsabläufe in augenärztlichen Praxen sowie der Zugewinn an Patient:innen-Zufriedenheit.13 Wie Sie erste Schritte der Telemedizin in Ihren eigenen Praxisablauf integrieren können, erfahren Sie im nächsten Teil unserer Telemedizin-Reihe.

1. Robert Koch Institut: Diabetes in Deutschland – Bericht der Nationalen Diabetes-Surveillance 2019. https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Studien/Diabetes_Surveillance/Diabetesbericht.pdf

2. Voigt M et al. Epidemiologie der diabetischen Retinopathie. Diabetologe 14, 532–541 (2018). https://doi.org/10.1007/s11428-018-0403-2

3. Fan Y et al. Front Public Health. 2021 Sep 20;9:725648. doi: 10.3389/fpubh.2021.725648

4. Im JHB et al. Surv Ophthalmol. 2022 Nov-Dec;67(6):1593-1602. doi: 10.1016/j.survophthal.2022.08.002

5. Mazzuca D et al. Int J Environ Res Public Health. 2022 May 5;19(9):5614. doi: 10.3390/ijerph19095614

6. Islam M et al. BMJ Health Care Inform. 2021 May;28(1):e100310. doi: 10.1136/bmjhci-2020-100310

7. Lekha T et al. Indian J Ophthalmol. 2019 Jun;67(6):834-839. doi: 10.4103/ijo.IJO_268_19

8. Bilong Y et al. Ophthalmic Surg Lasers Imaging Retina. 2019 May 1;50(5):S18-S22. doi: 10.3928/23258160-20190108-05

9. Russo A et al. J Ophthalmol. 2015;2015:823139. doi: 10.1155/2015/823139. Epub 2015 Jun 2. 

10. https://www.informationsportal.vesta-gematik.de/projekte-anwendungen/detail/projects/teletonometrie-mecklenburg-vorpommern/

11. Maloca P et al. Transl Vis Sci Technol. 2018 Jul 24;7(4):8. doi: 10.1167/tvst.7.4.8

12. https://www.informationsportal.vesta-gematik.de/projekte-anwendungen/detail/projects/tele-augenkonsil-von-talkingeyesr/

13. Gerbutavicius R et al. Ophthalmologe. 2020 Jul;117(7):659-667. doi: 10.1007/s00347-020-01143-0. 

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