Ophthalmologie
Telemedizin Teil I: Wer schaut in
die Röhre?
Nichts ist so konstant wie der Wandel: Mit der steigenden Lebenserwartung der Menschen in Deutschland1 gehen auch steigende Kosten für die Gesundheitsversorgung einher.2 Die wachsende Komplexität in der Medizin wiederum fördert die Bildung spezialisierter Zentren, was die Versorgungsqualität zwar deutlich steigert, oft aber auch die Entfernung zwischen Patient:innen und Behandler:innen vergrößert. Da vielerorts bereits heute der ärztliche Nachwuchs fehlt, führen diese Entwicklungen insbesondere im ländlichen Raum zunehmend zu Engpässen in der medizinischen Versorgung. Eine Abhilfe könnte hier die Digitalisierung schaffen, die in allen Lebensbereichen Einzug hält und die Welt vernetzt. Zugegeben: nie war es einfacher, über Raumgrenzen hinweg in Kontakt zu treten und Informationen auszutauschen. Könnte die Digitalisierung also Antwortmöglichkeiten auf die demografischen Herausforderungen in der medizinischen Versorgung liefern?
Ende 2015 wurde mit dem E-Health-Gesetz3 der Versuch gestartet, die Vorteile der Digitalisierung für die medizinische Versorgung in Deutschland zu nutzen. Ein konkretes Beispiel ist die Telemedizin, der wir uns in dieser Beitragsreihe widmen wollen. Wir wollen klären, was die Telemedizin umfasst, welche Chancen sie birgt, wo sie bereits in der Ophthalmologie eingesetzt wird und wie Sie in Ihrer Praxis eigene erste Schritte umsetzen können.
Die Telemedizin umfasst das Anbieten eines Teils der medizinischen Versorgungsleistungen über räumliche Distanzen hinweg – unter Zuhilfenahme audiovisueller Kommunikationstechniken.
Beispiele hierfür sind:
- Ein Sprechstundengespräch per Videoübertragung
- Telekonsilien (z.B. zur Röntgen-/CT-Befundung)
- Unterstützung des Rettungsdienstes per videogestützter Rücksprache mit Not- und Fachärzt:innen
- Fernwartung und Kontrolle automatisch arbeitender Systeme wie z.B. kardiologischer Implantate
- Mobile Screening-Programme mit telemedizinischer Befundung durch entfernte Expertenteams
Da hierbei sensible Daten ausgetauscht werden und in Deutschland nach § 7 Abs. 4 der (Muster-)Berufsordnung der Ärztinnen und Ärzte die Beratung und Behandlung von Patient:innen persönlich erfolgen sollen4, gibt es wichtige Bedingungen, an die eine solche telemedizinische Versorgung geknüpft ist:
Was sind die Voraussetzungen für eine telemedizinische Versorgung? 5,6
- Eine Behandlung muss auch weiterhin unmittelbar erfolgen, daher sind regelmäßig persönliche Kontakte notwendig und beispielsweise die Krankschreibung unbekannter Patient:innen in einer Videosprechstunde auf 3 Tage begrenzt.
- Es gelten besonders hohe Ansprüche an den Datenschutz und die Datensicherheit. Für die Datenübertragung zwischen Ärzt:innen und Behandlungszentren wird die Telematikinfrastruktur ausgebaut, welche, anders als das Internet, ein geschlossenes System darstellt.7 Videoübertragungen müssen Ende-zu-Ende verschlüsselt und die Anbieter solcher Dienste speziell zertifiziert sein.
- Videosprechstunden müssen vor ihrer ersten Durchführung der jeweiligen KV angezeigt werden.
- Die Patientin oder der Patient muss in die telemedizinische Versorgung einwilligen – im Falle einer Videosprechstunde wird diese Funktion oft bereits von der Anwendungssoftware übernommen.
Welche Möglichkeiten die Telemedizin für die Ophthalmologie bietet und welche Projekte und Ideen es möglicherweise schon gibt, erfahren Sie im nächsten Teil unserer Reihe. In Teil 3 zeigen wir Ihnen dann, wie Sie erste Schritte der Telemedizin in Ihren Arbeitsablauf integrieren können.