Ophthalmologie

Aktuelle Fortschritte beim
Retinal Imaging: Ultraweitwinkel
und künstliche Intelligenz
Die Retina: eine ganz besondere Haut

Die Netzhaut unseres leistungsfähigsten Sinnesorgans besitzt einen komplexen zellulären Aufbau1 und hat einen ähnlichen Energie- und Sauerstoffbedarf wie unser Gehirn2, was die Retina zu einem vulnerablen Gewebe macht. Sind pathologische Prozesse erst einmal so weit fortgeschritten, dass sie sich in einer Visusverschlechterung äußern, ist zumindest ein Teil des Schadens oft nicht mehr reversibel. Aus diesem Grund rücken eine frühzeitige, zuverlässige Diagnostik sowie eine gute Verlaufskontrolle während der Therapie zunehmend in den Fokus klinischer Forschung. Wir möchten Ihnen im Folgenden die verschiedenen technischen Möglichkeiten der Bildgebung vorstellen und einen kurzen Ausblick geben, wohin die Reise gerade geht.

 

Neue Technologien ergänzen das Althergebrachte, sie ersetzen sie nicht

 

 

  • Augenspiegelung und Spaltlampenmikroskopie können in begrenztem Maße fast alle Strukturen des Auges optisch darstellen.
  • Bei der optischen Kohärenztomografie (OCT) werden hochaufgelöste Schnittbilder der Retina angefertigt.
  • Die Fluoreszenz-Angiographie hat sich als Goldstandard zur Untersuchung retinaler Blutgefäße mittels Kontrastmittel etabliert.
  • Im Gegensatz dazu ermöglicht die OCT-Angiographie (OCTA) eine nicht-invasive, dreidimensionale Darstellung der Gewebedurchblutung.
Höher, weiter, schneller: Was bringen Fundus-Aufnahmen im Ultraweitwinkel?

Bildgebungen der Makula innerhalb der temporalen Äste der Netzhautgefäße mit einem Betrachtungswinkel von etwa 30-50° entsprechen einem normalen Betrachtungswinkel. Der Bereich über die Gefäßäste hinaus bis zu den Vortexampullen wird als Weitwinkel (mittlere Peripherie, 60-100°) und der Bereich darüber hinaus als Ultraweitwinkel (UWF, entfernte Peripherie, ≥110°) bezeichnet.5 Wie eine aktuelle prospektive Beobachtungsstudie aus Kanada an 96 Patient:innen (134 Augen) zeigt, ist ein beträchtlicher Teil retinaler Pathologien (in der Studie waren es gut Zweidrittel) in peripheren Netzhautbereichen lokalisiert und würde von einer normalen Makula-Diagnostik übersehen werden.6 UWF Fundus-Aufnahmen lassen sich zudem mit OCT-Aufnahmen kombinieren, wodurch auffällige Retinabereiche auch in der Peripherie gezielt per OCT untersucht werden können. Hierdurch lassen sich nicht nur frühere Diagnosen stellen und unklare Verdachtsfälle abklären, auch der Arbeitsablauf in Kliniken und Praxen lässt sich durch einen gut abgestimmten Einsatz solcher Systeme optimieren und die Patientenbindung stärken.7

Künstliche Intelligenz (KI): besser als Ophthalmolog:innen?

Natürlich nicht ;-) Künstliche Intelligenzen werden mit echten, von Ärzt:innen gestellten Diagnosen trainiert und nähern sich diesen im Optimalfall möglichst zuverlässig an. Aber wo liegt dann ihr Nutzen? Vermutlich einer der größten Nachteile der hier vorgestellten Entwicklungen in der Bildgebung sind die immer größer werdenden Datenmengen, auf denen die Diagnostik beruht und welche den Zeitaufwand für Auswertungen vergrößern. Der Einsatz von KI zur automatischen Bildauswertung großer Datenmengen könnte einen vielversprechenden Lösungsansatz darstellen, welcher in anderen medizinischen Fachgebieten bereits erfolgreich Anwendung findet.8 Nun wurde erstmals ein kommerziell erhältliches System zur KI-gestützten Detektion von diabetischer Retinopathie in der EU zugelassen und erste, vielversprechende Ergebnisse auf dem diesjährigen ARVO Kongress vorgestellt.9,10 Die klinische Validierung des KI-gestützten Systems an 420 Aufnahmen, die durch 3 Gutachter eingestuft wurden, ergab eine Sensitivität und Spezifität von jeweils mehr als 93% und belegt somit ihre Zuverlässigkeit. In der Breite angewendet besitzen solche Systeme das Potenzial, einen wichtigen Beitrag für effiziente Früherkennungsprogramme zu leisten.

1. Masland RH. Neuron. 2012 Oct 18;76(2):266-80. doi: 10.1016/j.neuron.2012.10.002.

2. Liu H & Prokosch V. Int J Mol Sci. 2021 Apr 1;22(7):3689. doi: 10.3390/ijms22073689.

3. Rahman N et al. Br J Ophthalmol. 2020 Apr;104(4):451-460. doi: 10.1136/bjophthalmol-2019-315086.

4. Bille JF. Cham (CH): Springer; 2019. DOI: 10.1007/978-3-030-16638-0.

5. Choudhry N et al. Ophthalmol Retina. 2019 Oct;3(10):843-849. doi: 10.1016/j.oret.2019.05.007.

6. Sodhi SK et al. Int Ophthalmol. 2021 Aug;41(8):2805-2815. doi: 10.1007/s10792-021-01837-7. Epub 2021 Apr 8.

7. Lin CC et al. Retina. 2021 Oct 1;41(10):2157-2162. doi: 10.1097/IAE.0000000000003169.

8. Ting DSW et al. Br J Ophthalmol 2019;103:167–175. doi: 10.1136/bjophthalmol-2018-313173.

9. https://www.optos.com/ai-solutions/

10. Peto T et al. Investigative Ophthalmology & Visual Science June 2022, Vol.63, 587 – A0152.

Das könnte Sie auch interessieren
Produktinformation Ophthalmology
Erfahren Sie mehr über erste Praxiserfahrungen Ihrer Kolleg:innen in Deutschland.
Ophthalmologie Veranstaltungen
Fortbildungen und Updates aus den Welten der Ophthalmologie.
Downloads Ophthalmology
Hier finden Sie verschiedene Unterlagen zu unseren Produkten.
Produktinformation Ophthalmology
Hier gelangen Sie zum Log-in Bereich für Fachkreise.