NMOSD

Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen

Welche Therapieoptionen gibt es für die NMOSD?

20. Februar 2023       Lesezeit: 4 min


Die Behandlung der Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen (NMOSD) basiert auf 3 Prinzipien: einer raschen Therapie akuter Schübe, einer frühzeitigen Einleitung einer Therapie zur Schubprophylaxe und einer symptomatischen Therapie sowie rehabilitativen Maßnahmen zur Verbesserung der Residualsymptome.1-3


Derzeit stehen 3 zugelassene Therapien auf Basis monoklonaler Antikörper zur Behandlung der NMOSD zur Verfügung (Anti-C5, Anti-Interleukin-6 (IL-6) und Anti-CD19).3

Ausführliche Informationen zur Behandlung mit einem IL-6-Rezeptor-Blocker erhalten Sie hier: Zu den Inhalten für Satralizumab

Derzeit ist keine kurative Therapie der NMOSD verfügbar. Die Behandlung beruht im Wesentlichen auf 3 Säulen:1-6

  • Therapie akuter Schübe: Rasche, intensive und sofern notwendig eskalierende Therapie akuter Schübe mit hochdosierten Glukokortikoiden (GC) mit oralem Ausschleichen und/oder frühzeitigen Aphereseverfahren
  • Schubprophylaxe: Schnellstmögliche Einleitung einer langfristigen Schubprophylaxe mit einer Langzeit-Immuntherapie
  • Maßnahmen zur Verbesserung der Residualsymptome (Schmerz, Spastik, Blasenstörungen, sensible Ataxie): Verbesserung durch symptomatische Therapie und rehabilitative Maßnahmen nach den Prinzipien wie bei einer Multipler Sklerose (MS)

Zu beachten ist, dass viele der bei MS-Patient:innen eingesetzten Intervalltherapien bei NMOSD wirkungslos sind oder sogar den Krankheitsverlauf verschlechtern können.3,6

Das trifft nach bisherigem Wissensstand auf die folgenden Substanzen zu (Off-Label-Use):

  • Interferon-beta
  • Glatirameracetat
  • Fingolimod
  • Natalizumab
  • Alemtuzumab

Bei Einsatz dieser Wirkstoffe liegt wahrscheinlich die Fehldiagnose MS vor.

Welche Herausforderungen bei der Therapie einer NMOSD bestehen (ab 2:11 min), was vor und bei der Einleitung einer Therapie beachtet werden muss (ab 3:04 min) und wie sich die NMOSD von einer MS abgrenzen lässt (bis 2:11 min), erklärt der Neurologe Prof. Dr. Sebastian Rauer im Video-Interview. Zum Video

NMOSD-Schübe verlaufen häufig schwer und zeigen trotz intensiver Schubtherapie eine schlechte Rückbildungstendenz.3 So kommt es nur bei jedem 2. bis 5. NMOSD-Schub zu einer kompletten Remission.4 Vor allem bilaterale Opticusneuritiden und Myelitiden bilden sich schlecht zurück.3,4 Daher sollte die Therapie eines NMOSD-Schubs so früh wie möglich nach Symptombeginn eingeleitet werden.3

Glukokortikoide

Die aktuell häufigste eingesetzte Schubtherapie besteht aus der hochdosierten intravenösen Glukokortikoid (GC)-Gabe.1-6

Angesichts des schweren Schubverlaufs und des hohen Rezidivrisikos wird empfohlen, die orale Ausschleichphase mit Glukokortikoiden vor allem bei gleichzeitiger Einleitung einer Immuntherapie bis zu deren Wirkungseintritt durchzuführen.3

 

Aphereseverfahren

Antikörper-eliminierende Aphereseverfahren sind neben der Gabe von Glukokortikoiden die zweite Säule der Behandlung des akuten NMOSD-Schubs.1 Eingesetzt werden sowohl eine Plasmapherese als auch Immunadsorption. Beide Verfahren haben sich in Bezug auf die Effektivität als vergleichbar erwiesen.2

Die Wahrscheinlichkeit einer Komplettremission unter Apheresetherapie nimmt erfahrungsgemäß mit zunehmender Zeit zwischen Schub- und Therapiebeginn ab.3

Daher sollte eine Plasmapherese oder Immunadsorption so rasch wie möglich begonnen werden; bereits wenige Tage können dabei entscheidend sein. Unter diesem Aspekt ist der Einsatz einer Apheresetherapie schon in der Initialtherapie zu erwägen.4 Das gilt insbesondere für die Myelitis als Schubmanifestation.4

Die Plasmapherese wird in der Regel mit fünf bis sieben Zyklen Plasmaaustausch an jedem 2. Tag (je nach Schweregrad und Ansprechen der Symptomatik auch mehr) durchgeführt.1,3,4

Aquaporin-4-Antikörper (AQP4-Ak)-seropositive Patient:innen profitieren von dieser Therapie gleichermaßen wie AQP4-Ak-seronegative Patient:innen.3

 

Eskalation der Schubtherapie

Sofern sich mit einer Initialbehandlung mit Glukokortikoiden oder einer Apharesetherapie keine Besserung der Symptomatik erzielen lässt, sollte rasch eine Eskalation der Schubtherapie erfolgen, um das Risiko bleibender neurologischer Defizite zu minimieren.4,5

Bei vorheriger Glukokortikoidtherapie wird eine Plasmapherese bzw. eine Immunadsorption (fünf bis sieben Austausche) empfohlen.3 Bei initialer Apheresetherapie gibt es folgende Möglichkeiten der Eskalation:3

  • ein erneuter Zyklus Plasmapherese/Immunadsorption (5 bis 7 Austausche)
  • gegebenenfalls der frühzeitige Beginn einer hochaktiven immunsuppressiven Therapie oder
  • eine zusätzlich überlappende hochdosierte Glukokortikoidtherapie

Bei einer unvollständigen Remission bei früheren Schüben unter Hochdosis-Glukokortikoidtherapie bzw. gutem Ansprechen auf eine Plasmapherese/Immunadsorption sollten Aphereseverfahren als möglichst frühe initiale Behandlung schwerer Schübe erwogen werden.3 Dies gilt vor allem für die Myelitis als Schubmanifestation.3

Bei der NMOSD kann jeder entzündliche Schub das Ausmaß der Behinderung verschlechtern. Daher ist eine effektive Schubprophylaxe mit einer langfristigen Immuntherapie bereits nach dem ersten Schubereignis, also sofort nach Diagnosestellung, essenziell.1-4 Empfohlen wird eine überlappende Gabe mit oralen Glukokortikoiden bei Therapiebeginn oder -umstellung, um weitere Schübe in der Anfangszeit zu verhindern.

Derzeit gibt es 3 zugelassene Therapien zur Behandlung der NMOSD (Komplementinhibitor und Inhibitor des IL-6-Rezeptors sowie ein Anti-CD19-Antikörper).3 Weitere immuntherapeutische Ansätze beruhen derzeit auf B-Zell-depletierenden Therapien (Off-Label-Use) und allgemeinen immunsuppressiven Strategien.1-4,6

 

Ausführliche Informationen zur Therapie der NMOSD finden Sie im Qualitätshandbuch MS/ NMOSD des Krankheitsbezogenen Kompetenznetz Multiple Sklerose (KKNMS).

Weiterführende Informationen zur Therapie der NMOSD mit einem IL-6-Rezeptor-Blocker erhalten Sie hier: Zu den Inhalten für Satralizumab

1. Pache F et al., Fortschr Neurol Psychiatr 2017; 85:100-114

2. Pfeuffer S et al., Akt Neurol 2017; 44:180-193

3. Kompetenznetz Multiple Sklerose: Qualitätshandbuch MS/NMOSD. Stand 11/2021; MS-Qualitätshandbuch (ms-qualitaetshandbuch.de) (abgerufen am 14.03.2023)

4. Trebst C. Arzneimitteltherapie 2018; 36: 237-246;

5. Kleiter I et al., Ann Neurol 2016; 79:206-216;

6. Kleiter I, Gold R. Neurotherapeutics 2016; 13(1):70-83