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BTK-Inhibitoren - MS-Therapie der Zukunft?
Informationen zur hocheffektiven MS-Therapie in der First Line – jetzt auch subkutan
B-Zellen spielen eine zentrale Rolle in der Pathogenese der Multiplen Sklerose (MS), wie der Erfolg verschiedener B-Zell-depletierender monoklonaler Antikörper zeigt.1-4 Doch auch über die chronische Depletion hinaus wurden andere Anti-B-Zell-Alternativen zur Therapie der MS erforscht. In den letzten Jahrzenten hat sich die, vor allem in B-Zellen exprimierte, Bruton-Tyrosinkinase (BTK) als kritisches Ziel für B-Zell-vermittelte Erkrankungen herausgestellt.
Medizinische Anfrage
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Das Wichtigste in Kürze:
- BTK-Inhibitoren (BTKi) können eine nicht Zell-depletierende Alternative zur Modulation von B-Zellen bei der MS-Therapie darstellen.
- Sie können die Blut-Hirn-Schranke überwinden und chronische Entzündungsprozesse der MS direkt im ZNS beeinflussen.5,6
- Derzeit laufen mehrere große klinische Phase-III-Studien zur Wirksamkeit von BTK-Inhibitoren bei schubförmigen und progredienten Verlaufsformen der MS.5,7 (vgl. Tabelle 1)
Derzeitiger Einsatz von BTK-Inhibitoren in der Medizin
Außerhalb der MS werden BTKi bereits als Therapieoption eingesetzt. Auf der Suche nach Mitteln gegen Leukämie fasste die damalige Forschung schon bald nach der Entdeckung der BTK die BTKi ins Auge. Mit Erfolg: Denn im Jahr 2014 wurde Ibrutinib, ein irreversibler BTKi, von der Europäischen Kommission (EK) für das Mantelzelllymphom (MCL) und die chronische lymphatische Leukämie (CLL) zugelassen, und Jahre später auch für die Waldenström-Makroglobulinämie.8 Der Erfolg von Ibrutinib und die umfangreichen therapeutischen Möglichkeiten für Krankheiten, bei denen B‑Zellen eine pathogenetische Rolle spielen, förderten die Entwicklung neuer und besser verträglicher Inhibitoren.
BTK und ihre Rolle bei der B-Zell-Entwicklung
Die BTK ist eine Nicht-Rezeptor-Tyrosinkinase, die insbesondere in B‑Zellen, Mastzellen und Makrophagen exprimiert wird. In T‑Zellen, natürlichen Killer (NK) -Zellen und Plasmazellen ist sie dagegen nicht vorhanden.9 Als grundlegender Bestandteil verschiedener B-Zell-Rezeptoren (BCR) ist die BTK ein entscheidendes Molekül bei der intrazellulären Signalübertragung zwischen den BCR und den Zytokinrezeptoren des unspezifischen Immunsystems. In dieser Funktion spielt die BTK nicht nur bei der B-Zell-Entwicklung und -Vermehrung eine wesentliche Rolle, sondern ist auch für das Überleben der B‑Zellen selbst von zentraler Bedeutung.7 Darüber hinaus vermittelt die BTK auch die Aktivität von Makrophagen und Mikroglia.10
BTK-Inhibitoren bei MS – Therapeutischer Fortschritt durch 2 Wirkmechanismen?
MS ist sowohl durch akute als auch chronische Entzündungsprozesse charakterisiert:
Akute Entzündungsprozesse werden pathophysiologisch durch eine de novo Zufuhr von pathogenen Immunzellen wie B‑Zellen in das zentrale Nervensystem (ZNS) vermittelt und sind durch charakteristische Läsionen gekennzeichnet, die durch die Magnetresonanztomografie (MRT) sichtbar gemacht werden können.5 Aktuelle Daten deuten darauf hin, dass die akuten Entzündungsprozesse vermehrt mit Schubaktivität bei MS verbunden sind.5,11
Chronische Entzündungsprozesse hingegen werden mit der stetig fortschreitenden Behinderungszunahme bei MS assoziiert und sind vergleichsweise schwerer zu visualisieren.11 Es wird angenommen, dass hier ein entzündliches Zusammenspiel von chronisch aktivierten ZNS-ansässigen Zellen wie Mikroglia und im ZNS eingeschlossenen hämatopoetischen Immunzellen stattfindet.5
Im MS-Spektrum könnten BTKi zwei unabhängige Wirkmechanismen besitzen: Durch die BTK-Hemmung können BTKi die Funktionsfähigkeit der B‑Zellen effektiv beeinträchtigen und damit aktiv den akuten Entzündungsprozessen entgegenwirken, ohne die B-Zellen zu dezimieren.
Darüber hinaus können BTKi aufgrund ihrer geringen Größe die Blut-Hirn-Schranke (BHS) überwinden und chronische, kompartimentierte Entzündungsprozesse direkt im ZNS beeinflussen, indem sie auf im Gehirn ansässige B‑Zellen und zusätzlich auch Mikroglia abzielen.5,6
BTK-Inhibitoren in der klinischen Forschung bei MS
Für die Therapie der MS laufen aktuell mehrere große Phase-III-Studien mit verschiedenen, oral verabreichten BTKi. Die Studien konzentrieren sich sowohl auf schubförmige Verläufe als auch primär und sekundär progrediente Verläufe der Erkrankung. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick zum aktuellen Forschungsstand BTK-inhibierender Wirkstoffe bei MS (Stand: 10/2022)5,7:
Molekülname
|
Bindungstyp
|
Stand der Entwicklung
|
Studienform
|
Studienpopulation
|
Link zur Studie
(clinicaltrials)
|
Fenebrutinib
|
nicht-kovalent, reversibel
|
Phase III
RDB
|
Fenebrutinib (oder Placebo) vs. Ocrelizumab (oder Placebo) 1:1
(FENtrepid)
|
946 PPMS
|
NCT04544449
|
Phase III
RDB
|
Fenebrutinib vs. Teriflunomid 1:1
(FENhance)
|
734 RMS
|
NCT04586023
|
Phase III
RDB
|
Fenebrutinib vs. Teriflunomid 1:1
(FENhance)
|
734 RMS
|
NCT04586010
|
Tolebrutinib
|
kovalent, irreversibel
|
Phase III
RDB
|
SAR442168 (Tolebrutinib) vs. Placebo
(PERSEUS)
|
990 PPMS
|
NCT04458051
|
Phase III
RDB
|
SAR442168 (Tolebrutinib) vs. Teriflunomid
(GEMINI1)
|
900 RMS
|
NCT04410978
|
Phase III
RDB
|
SAR442168 (Tolebrutinib) vs. Teriflunomid
(GEMINI2)
|
900 RMS
|
NCT04410991
|
Phase III
RDB
|
SAR442168 (Tolebrutinib) vs. Placebo
(HERCULES)
|
1290 SPMS
|
NCT04411641
|
Evobrutinib
|
kovalent, irreversibel
|
Phase III
RDB
|
Evobrutinib vs. Teriflunomid
(evolutionRMS 1)
|
930 RMS
|
NCT04338022
|
Phase III
RDB
|
Evobrutinib vs. Teriflunomid
(evolutionRMS 2)
|
930 RMS
|
NCT04338061
|
Remibrutinib
|
kovalent, irreversibel
|
Phase III
RDB
|
Remibrutinib vs. Teriflunomid
|
800 RMS
|
NCT05147220
|
Phase III
RDB
|
Remibrutinib vs. Teriflunomid
|
800 RMS
|
NCT05156281
|
RDB = Randomisiert Doppel-Blind; PPMS = primär progrediente MS; SPMS = sekundär progrediente MS; RMS = schubförmige MS
|
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