1. Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM) Stand: April 2024 (https://www.kbv.de/html/ebm.php) (abgerufen am 13.06.2024)
MS
Multiple Sklerose
Expertenaustausch: Infundieren
Sie schon oder warten Sie noch?
Hocheffektive intravenöse (i.v.) Therapien sind eine Möglichkeit zur langfristigen Behandlung der Multiplen Sklerose (MS). Beim B-Zell-Forum im Juni 2023 diskutierten Dr. Rajee Subasha und Dr. Thomas Knollb unter der Leitung von Prof. Dr. med. Simone Tauberc und PD Dr. med. Juliane Klehmetd, über Chancen und Herausforderungen dieser Applikationsform.
Wie die beiden Expert:innen im Praxisalltag aufgestellt sind und welche Rolle MS-Infusionstherapien dort einnehmen, haben wir im Folgenden kurz für Sie zusammengefasst:
- In der Praxis von Dr. Subash stehen MS-Therapien mit Antikörpern im Vordergrund. Nach 14 Jahren Arbeit in der Klinik, in der sie u.a. eine MS-Ambulanz betreute, hat sie sich vor fast 2,5 Jahren in Herdecke niedergelassen. In ihrer eher kleinen Einzelpraxis beschäftigt sie 2,5 MFAs – eine davon ist eine MS-Schwester.
- Dr. Knoll ist in einer großen inhabergeführte Gemeinschaftspraxis mit bis zu 8 Ärzten, einer MS-Schwester und einer Studienassistenz tätig. Die Praxis betreut kontinuierlich ungefähr 350-400 MS-Patient:innen und ist dabei die ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV) für MS zu implementieren.
Über den Einsatz einer Infusionstherapie sagt Dr. Knoll: „Man muss sich nur irgendwann dafür entscheiden und kann es dann in kurzer Zeit umsetzen. Bei der Entscheidung für eine Infusionstherapie geht es primär darum, den MS-Patient:innen das gesamte Spektrum an Therapieoptionen zur Verfügung stellen zu können.“
Für die Abrechnung der Infusion braucht man laut Dr. Knoll lediglich die entsprechenden Infusionsziffern (z.B. Ziffer 01510, 01511 e , 01512 e für die Ambulante Betreuung) aus dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) 1 aufzuführen.
Wer infundiert wie? Was ist im Vorfeld und am Infusionstag zu beachten? Wer bevorzugt was: intravenös vs. subkutan?
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Für die Abrechnung der Infusion braucht man laut Dr. Knoll lediglich die entsprechenden Infusionsziffern (z.B. Ziffer 01510, 01511 e , 01512 e für die Ambulante Betreuung) aus dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) 1 aufzuführen.
Wer infundiert wie? Was ist im Vorfeld und am Infusionstag zu beachten? Wer bevorzugt was: intravenös vs. subkutan?
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Expertenaustausch: Einblicke in Abläufe aus der Praxis – wer infundiert wie? [4:13 min]
Seit dem 20.06.2024 ist Ocrevus® (Ocrelizumab) auch mit subkutaner (s.c.) Applikationsform bei RMS und PPMS zugelassen – bei einem 2-mal jährlichen Applikationsintervall und einer reinen Injektionsdauer von 10 Minuten. Die Zulassung basiert auf den Ergebnissen der Phase-III-Studie OCARINA II, in der die s.c.-Formulierung von Ocrevus gegenüber der intravenösen Gabe nicht unterlegen war – bei einem in beiden Studienarmen konsistenten Sicherheitsprofil.
Alle Informationen zu Ocrevus s.c. sowie Downloadmaterial finden Sie hier
Quellen: Newsome SD et al., AAN 2024; S31.001; Fachinformation Ocrevus® s.c. 920 mg
[M-DE-00021838]
Nicht nur für Patient:innen sondern auch für die Abläufe in der Praxis spielt die Applikationsform und -frequenz der gewählten Therapie eine wichtige Rolle.
Die i.v. Applikation der verlaufsmodifizierenden Therapie mit Ocrelizumab (Ocrevus®) beschränkt sich ab dem zweiten Therapiejahr auf zwei Tage im Jahr, mit langen applikationsfreien Intervallen von 6 Monaten (rund zwei Stunden Infusionszeit alle 24 Wochen, nach Initialdosisf – verkürzte Infusion).2 Bei der Gabe der Folgedosis von Ocrelizumab i.v. haben Neurolog:innen seit Ende Mai 2020 die Wahl zwischen bisheriger (Dauer ca. 3,5 Stunden) oder verkürzter (Dauer ca. 2 Stunden) Infusion.2-5
Weitere Informationen zur i.v. Anwendung von Ocrelizumab
Weitere Informationen zur s.c. Anwendung von Ocrelizumab
Wenn Sie Ocrelizumab infundieren, nutzen Sie die bisherige Infusionsdauer oder die kürzere?
Dr. Subash: Wir wenden nur noch die kürzere Infusionszeit von ca. 2 Stunden an, insbesondere bei den Patient:innen, die seit 2018 auf Ocrelizumab eingestellt wurden.
Dr. Knoll: Wir sind da relativ formalistisch und geben die ersten beiden Infusionen mit der langen Infusionsdauer von 3,5 Stunden. Wenn alles problemlos funktioniert, verkürzen wir bei den nachfolgenden Infusionen auf 2 Stunden.
Wir haben auch selbst sehr viele Ocrelizumab-Patient:innen. Die Verträglichkeit ist insgesamt sehr gut und wir sehen kaum infusionsbedingte Nebenwirkungen. Wie ist das bei Ihnen?
Dr. Subash: Bei uns ist das genauso. Bisher sind bei unseren Patient:innen auch während der Infusion noch keine Unregelmäßigkeiten mit dem Blutdruck aufgetreten.
Dr. Knoll: Wir hatten eine Patientin, die zweimal während der Infusion ein Erythem entwickelt hat. Nach einer kurzen Pause war es wieder verschwunden und die weitere Infusion verlief ohne Zwischenfälle. Sonst gab es bisher keine Auffälligkeiten bei einer Infusion mit Ocrelizumab.
Bekommen die Patient:innen am Tag der Infusion eine Krankmeldung?
Dr. Subash: Die meisten Patient:innen bekommen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU), weil sie am Vormittag zu uns in die Praxis kommen und ihre Arbeitszeit nach der Infusion meistens schon so gut wie vorbei ist.
Prof. Tauber: Wir stellen auch eine AU aus oder eine Bescheinigung über den Termin. Das reicht den meisten Arbeitgeber:innen. Realistisch betrachtet lohnt es sich für die meisten Patient:innen nach der Infusion nicht mehr zur Arbeit zu gehen.
Dr. Knoll: Wobei das mehr auf den Zeitaufwand zurückzuführen ist und nicht auf den Einfluss der Infusion. Patient:innen, die im Home Office sind, können nach der Infusion heimgehen und arbeiten.
Viele Patient:innen werden auch eher durch das Antihistaminikum müde, oder?
Dr. Knoll: Das stimmt. Die Patient:innen schlafen bei der Infusion meistens zunächst ein. Diese Wirkung lässt aber ziemlich genau dann nach, wenn die Infusionszeit vorbei ist. Oft stehen die Patient:innen dann recht erfrischt auf und gehen ihrer Wege.
Dr. Subash: Das kann ich bestätigen.
Inzwischen besteht auch bei der MS die Möglichkeit einer durch die Patientin oder den Patienten eigenverantwortlich durchgeführten subkutanen Applikation einer Antikörpertherapie.6
Bei der Frage Infusion vs. Selbstinjektion ist die Einfachheit der Anwendung der Wirksamkeit gegenüberzustellen. So ist Dr. Subash noch unsicher, ob bei einer Therapie mit eigenverantwortlicher s.c.-Applikation die Wirksamkeit ausreichend effektiv ist. Bei dieser Applikationsform sei auch die Therapietreue zu bedenken. Dr. Knoll hat in der Praxis beobachtet, dass bisher nur wenige Patient:innen von Ocrelizumab i.v. zu einer anderen Therapie mit s.c. Selbstinjektion wechseln wollten.
Expertenaustausch Dr. Subash und Dr. Knoll: Intravenös versus subkutan. [2:49 min]
„Auch nach fünf Jahren werden meine ersten Ocrelizumab-Patient:innen immer noch infundiert“, erklärte Dr. Knoll. „Wir sehen bisher keine Langzeitauffälligkeiten und der allergrößte Teil der Patient:innen kann völlig komplikationslos behandelt werden – sowohl in Bezug auf die Infusion, als auch das Monitoring und die Sicherheit.“
Auch Dr. Subash kennt keine auffälligen Ocrelizumab Patient:innen. Sie könne sich eine Therapie mit vielen Nebenwirkungen in der Praxis nicht leisten: „Wir halten uns an die Infusionszeiten für Ocrelizumab und geben die entsprechende Prämedikation. So sind die Infusionen bislang komplikationslos verlaufen.“
Wie wichtig es trotzdem ist, immer auf kritische Situationen vorbereitet zu sein, betont Dr. Knoll: „Wir machen einmal pro Jahr ein Reanimationstraining und beschäftigen uns intensiv mit dem richtigen Verhalten bei infusionsbedingten Reaktionen. Eine solche Sicherheitsstruktur ist absolut notwendig.“
Zum Umfang und zur Notwendigkeit von Laborkontrollen während der Ocrevus-Therapie kann das Qualitätshandbuch des Kompetenznetz Multiple Sklerose (KKNMS) Orientierung geben.8 Bei Patient:innen unter Ocrevus muss demnach alle 3 Monate ein Blutbild und Differenzialblutbild erstellt und alle 6 Monate die Konzentration an Immunglobulin G im Serum bestimmt werden. Doch selbst wenn die Immunglobulinspiegel niedrig sind – darüber waren sich die Expert:innen einig – besteht kein Zusammenhang mit vermehrten Infekten bei den Ocrelizumab-Patient:innen.
„Im Gegensatz zu anderen Präparaten, gab es unter der Behandlung mit Ocrelizumab in unserer Infusionsambulanz bisher keinen einzigen Fall einer relevanten schwerwiegenden Infektion“, berichtete Prof. Tauber.
Expertenstatement von Dr. Knoll zum Zusammenhang von niedrigen Immunglobulinwerten und Infektionen. [1:11 min]
Die Infusionstherapie mit Ocrelizumab ist eine etablierte und gut verträgliche Behandlungsoption bei MS, so die allgemeine Schlussfolgerung der Diskussionsrunde. „Es bedarf keiner großen Uniklinik, um die Infusion ambulant durchzuführen“, bestätigte Prof. Tauber. Seit kurzem steht mit Ocrelizumab s.c. eine weitere hocheffektive Behandlungsoption zur Verfügung, wobei die subkutane Injektion durch medizinisches Fachpersonal durchgeführt wird.8 Wird eine Antikörpertherapie mit eigenverantwortlicher s.c. Injektion erwogen, sollten dagegen die einfachere Handhabung, die Wirksamkeit und die Therapietreue gegeneinander abgewogen werden.
a Neurologische Praxis, Herdecke
b Praxis für Neurologie am Prinzregentenplatz, München
c Geschäftsführende Oberärztin der Klinik für Neurologie | Fachärztin für Neurologie mit Zusatzbezeichnung Geriatrie | Leiterin der neuroimmunologischen Ambulanz | Universitätsklinikum RWTH Aachen
d Ärztliche Leiterin des Zentrums für Multiple Sklerose in der Klinik für Neurologie - Jüdisches Krankenhaus Berlin
e Die Ziffern 01511 und 01512 sind nur in begründeten Ausnahmefällen unter Angabe des Präparates und der Infusionsdauer berechnungsfähig.
a Neurologische Praxis, Herdecke
b Praxis für Neurologie am Prinzregentenplatz, München
c Geschäftsführende Oberärztin der Klinik für Neurologie | Fachärztin für Neurologie mit Zusatzbezeichnung Geriatrie | Leiterin der neuroimmunologischen Ambulanz | Universitätsklinikum RWTH Aachen
d Ärztliche Leiterin des Zentrums für Multiple Sklerose in der Klinik für Neurologie - Jüdisches Krankenhaus Berlin
e Die Ziffern 01511 und 01512 sind nur in begründeten Ausnahmefällen unter Angabe des Präparates und der Infusionsdauer berechnungsfähig.
f Die OCREVUS-Initialdosis von 600 mg wird in Form von zwei getrennten intravenösen Infusionen gegeben; eine erste Infusion, gefolgt von einer zweiten Infusion, die 14 Tage später gegeben wird.2
1. Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM) Stand: April 2024 (https://www.kbv.de/html/ebm.php) (abgerufen am 13.06.2024)
2. Fachinformation Ocrevus® i.v. 300 mg
3. Hartung HP. Neurol Neuroimmunol Neuroinflamm 2020; 7 (5) e807
4. Killestein J et al., ECTRIMS 2022; P739
5. Bermel RA et al., AAN 2023; P7.003
6. Fachinformation Kesimpta®, Stand: Februar 2023
7. Kompetenznetz Multiple Sklerose: Qualitätshandbuch MS/NMOSD. Ocrelizumab. Stand 03/2024; MS-Qualitätshandbuch (ms-qualitaetshandbuch.de) (abgerufen am 13.06.2024)
8. Fachinformation Ocrevus® s.c. 920 mg