KIT beim NSCLC

Ansprechen auf KIT

Mit oder ohne Chemo? – Immuntherapie individuell entscheiden
  • Tecentriq® 1875 mg Injektionslösung
  • Tecentriq® 840 mg/1200 mg Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung
  • Avastin® 25 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung
Abstract

Wie entscheiden die behandelnden Ärzte, welche immunonkologische Option für Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) im fortgeschrittenen oder metastasierten Stadium in Frage kommt? Welche Implikationen auf die Hinzunahme einer Chemotherapie haben Allgemeinzustand, Alter und Komorbiditäten? Viele NSCLC-Patienten bekommen ihre Diagnose erst in einem metastasierten Stadium: Das mediane Alter liegt beim NSCLC zum Diagnosezeitpunkt bei 69 Jahren, sodass Komorbiditäten und der alters- oder tumorbedingte reduzierte Allgemeinzustand die Therapiewahl beeinflussen können.1 Frau Dr. med. Cornelia Kropf-Sanchen, Fachärztin für Innere Medizin und Fachärztin für  Pneumologie, steht im Behandlungsalltag am Uniklinikum Ulm oft vor diesen Fragen.

Frau Dr. med. Cornelia Kropf-Sanchen – Fachärztin für Innere Medizin und Fachärztin für Pneumologie am Uniklinikum Ulm

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IPSOS-Studie: Chancen der Krebsimmuntherapie für schwerkranke Lungenkrebspatienten

Die Frage, ob Chemo-Immuntherapie oder Mono-Immuntherapie, stellte sich nach Zulassungsstatus von Tecentriq® (Atezolizumab) tatsächlich nur für Patienten mit einem guten Allgemeinzustand und einem hohen PDL1-Status über 50 % auf Tumorzellen oder über 10 % auf tumorinfiltrierenden Immunzellen, erläuterte die Pneumologin.2 Die Daten der IPSOS-Studie eröffnen nun jedoch auch älteren Patienten, die mit schlechtem Allgemeinzustand (ECOG PS 2 oder 3) oder fortgeschrittenem Alter (≥70 Jahre, ECOG 0-1) mit Komorbiditäten oder aus anderen Gründen nicht für eine platinbasierte Chemotherapie-Doublette in Frage kamen, die Option einer Mono-Immuntherapie.3 Zum Datenhintergrund: Im Vergleich zur Chemotherapie erreichte die Monotherapie mit Atezolizumab einen statistisch signifikanten Überlebensvorteil (HR: 0,78). Unter der Mono-Immuntherapie lebten nach zwei Jahren nahezu doppelt so viele Patienten wie unter der Mono-Chemotherapie (24,3 % vs. 12,4 %) (Abb. 1).3

Abb.1: Gesamtüberleben bei Platin-ungeeigneten Patienten (mod. nach 3)

„Etwa 30 % der NSCLC-Patienten haben einen reduzierten Allgemeinzustand.4 Es ist ein relevantes Kollektiv, das in der IPSOS-Studie untersucht wurde.“
Wann sind Patienten fit für eine Chemo-Immuntherapie

Wie entscheidet man in der Praxis, ob NSCLC-Patienten mit Komorbiditäten fit genug für eine Chemo-Immuntherapie sind? Hier zieht Kropf-Sanchen messbare Faktoren wie ECOG Performance Status, Komorbiditäten wie Nieren- und Leberfunktion oder auch geriatrische Assessments wie den Charlson-Komorbiditätsindex oder den G8-Fragebogen zu Rate. Die Onkopedia-Leitlinie empfiehlt genau dieses Vorgehen.1

 

Auch die Kognition und psychosoziale Unterstützung im Umfeld, etwa durch die Familie, spielen für die Ärztin eine Rolle. In die Entscheidung fließe auch ein, ob der aktuelle ECOG erst durch die Tumorerkrankung ausgelöst wurde oder durch Vorerkrankungen wie COPD, Herzinsuffizienz oder pAVK (periphere arterielle Verschlusskrankheit) – allesamt Gründe für einen eher vorsichtigen Einsatz einer platinhaltigen Chemotherapie. Wenn der Allgemeinzustand erst durch den Tumor eingeschränkt werde, habe man eine hohe Chance, die Tumorlast und die Tumorsymptome unter Kontrolle zu bekommen, sodass Patienten wieder eine sehr gute Lebensqualität entwickeln könnten. Kombinationstherapien, wie etwa Tecentriq® plus Avastin® (Bevacizumab)/Paclitaxel/Carboplatin oder plus nab-Paclitaxel/Carboplatin, können hier zum Einsatz kommen.2 Letzten Endes sei es aber immer eine individuelle Entscheidung in Abstimmung mit jedem einzelnen Patienten.

Faktoren, die für eine Mono- oder Chemo-Immuntherapie sprechen

Retrospektive Studien, die die Effektivität von Mono- mit Kombinations-Immuntherapien vergleichen, zeigen eine ähnliche Wirksamkeit, mit der Tendenz der Kombinationsregime zu einem höheren Ansprechen und erhöhter Wirksamkeit hinsichtlich des progressionsfreien Gesamtüberlebens.5 In der Entscheidung für eine Chemo-Immuntherapie  in ihrem Praxisalltag spiele die Lokalisation des Primarius, die Tumorlast, also Anzahl und Größe der Metastasen, und die Anzahl der befallenen Organsysteme eine entscheidende Rolle, erläutert Dr. Kropf-Sanchen. Bei einer ungünstigen Lokalisation des Primarius, mit der Gefahr der Infiltration zentraler Strukturen unter einem Progress, wolle man ein rasches und schnelles Tumoransprechen erreichen. Demgegenüber wäre bei Patienten mit geringem Tumorvolumen, asymptomatischer Metastasierung und vielleicht auch einem hohen PD-L1-Status eine Mono-Immuntherapie sinnvoll. Mit einem PD-L1-Status im Bereich von 90% würden Patienten evidenzbasiert besser durch eine Mono-Immuntherapie therapiert und mehr von dieser profitieren.6

 

Bei bestimmten Subgruppen kann es dabei Unterschiede geben. Explorative Studiendaten der IMpower110 zeigten einen ausgeprägten Überlebensvorteil von PD-L1-hochexprimiernden Rauchern verglichen mit Nie-Rauchern.7 Andere Daten zeigen geschlechtsspezifische Unterschiede, wobei Frauen tendenziell besser auf eine Chemo-Immuntherapie ansprechen.8

„Gerade bei Patienten mit einem PD-L1-Expressionslevel von 90 % und mehr sehen wir evidenzbasiert einen besonders klaren Nutzen der Monotherapie – hier profitiert man oft ohne die zusätzliche Belastung durch eine Chemotherapie.“
Günstiges Nebenwirkungsprofil unter Mono-Immuntherapie

Nebenwirkungen unter einer Therapie haben einen spürbaren Einfluss auf die Lebensqualität der Patienten: Wenn man zwei Therapiekonzepte kombiniere – wie Chemotherapie und Immuntherapie, beobachte man in der Praxis auch die Toxizitäten der einzelnen Kombinationselemente. Die Nebenwirkungen seien aber gerade bei jüngeren, fitten Patienten im Alltag gut handhabbar, beschreibt Dr. Kropf-Sanchen ihre Erfahrungen. Bei älteren Patienten oder bei mehr Komorbiditäten seien Nebenwirkungen belastender, sodass sie sich hier auch eher für eine Mono-Immuntherapie entscheiden würden. Die IPSOS-Studiendaten zur Sicherheit zeigten eine doppelt so hohe Rate an Grad 3-4 Therapie-assoziierten Nebenwirkungen unter Chemotherapie im Vergleich zur Atezolizumab-Monotherapie.3 Dr. Kropf-Sanchen betont, dass Daten zur Quality of life belegen, dass die Atezolizumab-Monotherapie in der IPSOS-Studie nicht nur das Überleben verlängert, sondern tatsächlich auch die Lebensqualität, im Gegensatz zur Mono-Chemotherapie, länger erhält.3

„Längeres Überleben bei gleichzeitig guter Lebensqualität – das ist für uns der Goldstandard. Doch wie viel Einschränkung jemand bereit ist, dafür in Kauf zu nehmen, unterscheidet sich von Mensch zu Mensch ganz erheblich. Das erleben wir täglich in der klinischen Praxis.“
Abbruchraten unter Chemo-Immuntherapie

In den Zulassungsstudien lägen die Abbruchraten unter Chemo-Immuntherapien bei 10-20 %, im Gegensatz zu etwa 10 % unter Mono-Immuntherapie, fasst Dr. Kropf-Sanchen die Datenlage zusammen. Die Behandlung von NSCLC-Patienten mit höherem Alter und Komorbiditäten und/oder reduziertem Allgemeinzustand kann herausfordernd sein, wenn platinhaltige Chemotherapien im Raum stehen. In retrospektiven Daten zur Therapie des Lungenkarzinoms zeigt sich, dass ein Drittel der älteren Patienten die angewandte Chemo-Immuntherapie abbrechen.9 In der IPSOS-Studie betrug die Therapiedauer bei Atezolizumab bis zu 51 Monate, was zeige, dass es immer wieder einzelne Patienten gebe, die einen sehr langen Benefit von dieser Therapie haben.3 „Bei Patienten mit einem eingeschränkten Allgemeinzustand und auch mit Komorbiditäten steht eventuell die Lebensqualität noch weiter im Vordergrund. In solchen Fällen ist natürlich eine Mono-Immuntherapie oft eine bessere Wahl, weil sie insgesamt weniger belastend ist“, resümiert Dr. Kropf-Sanchen.

In short 

Hinsichtlich der Frage, ob eine Immuntherapie allein oder zusammen mit einer platinhaltigen Chemotherapie eingesetzt werden soll, sind klinische Parameter, Tumorbiologie und individuelle Patientenfaktoren sorgfältig abzuwägen.

Die IPSOS-Daten zeigen, dass Platin-ungeeignete NSCLC-Patienten von einer Tecentriq®-Monotherapie profitieren können – mit signifikant verlängertem Überleben und besserer Verträglichkeit.

  1. Griesinger F et al. Onkopedia-Leitlinie "Lungenkarzinom, nicht-kleinzellig (NSCLC)", Stand: April 2025.
  2. Fachinformation Tecentriq®, aktueller Stand.
  3. Lee SM et al. Lancet 2023;402(10400):451-463.
  4. Lilenbaum RC et al. J Thorac Oncol 2008;3(2):125-129
  5. Shah M et al. Clin Lung Cancer 2023;24(3):235-243.
  6. Elkrief A et al. J Immunother Cancer 2023;11(7):e006994.
  7. Paz-Ares L et al. ESMO-IO 2023; Poster Presentation 3P.
  8. Conforti F et al. J Natl Cancer Inst 2019;111 (8): 772–81.
  9. Christoph D et al. Oncol Res Treat 2024;47(Suppl. 1):7–283.
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