Lupus Nephritis – Paradigmenwechsel in Sicht?
Lupus Nephritis (LN) zählt zu den häufigsten schwerwiegenden Organmanifestationen bei systemischem Lupus erythematodes (SLE). Etwa die Hälfte aller SLE-Patient:innen entwickeln LN.1-3 Doch die Signale dafür kommen oft zu spät. Das klinische Bild von LN kann über einen längeren Zeitraum asymptomatisch bleiben.1,4 Die Folgen sind dramatisch: Eine Nierenbeteiligung beim SLE führt zu einer erhöhten Mortalität der Betroffenen. Zwischen 5 ‑ 20 % der Patient:innen mit LN erleiden trotz aktueller Therapieoptionen eine terminale Niereninsuffizienz.1
Genau deshalb ist schnelles Handeln essentiell, denn die Schädigung der Nieren ist irreversibel. Je früher die Therapie beginnt – idealerweise innerhalb der ersten drei Monate – desto höher die Chance auf eine frühe Remission und damit eine bessere Prognose.5,6
Videolänge: 00:45 min
Dr. Johanna Mucke, Oberärztin am Rheumazentrum Ruhrgebiet und Mitglied der DGRh-Leitlinienkommission, spricht im Interview darüber, warum die frühzeitige Remission bei Patient:innen mit Lupus so entscheidend ist.
Dr. Johanna Mucke, Oberärztin Rheumazentrum Ruhrgebiet
Abbildung 1: Die Rolle autoreaktiver B-Zellen bei Lupus Nephritis
- Produktion autoreaktiver Antikörper
- Antigenpräsentation autoantigener Strukturen gegenüber anderen Immunzellen
- Stimulation der lokalen Produktion entzündungsfördernder Zytokine
- Rekrutierung weiterer autoreaktiver B-Zellen in die Nieren und Verstärkung einer pathogenen Rückkoppelungsschleife
Wenn es um den Pathomechanismus geht, richtet sich das Rampenlicht auf die B‑Zellen. Die von diesen Zellen generierten Autoantikörper stellen einen wichtigen Schritt in der Entstehung von SLE und anderen Autoimmunerkrankungen dar (Abbildung 1). Somit bietet die Depletion dieser Zellen einen vielversprechenden Therapieansatz.7 Es ist also keine Überraschung, dass B‑Zell‑depletierende Biologika bereits Anwendung in der Therapie von LN finden.4 Jedoch gibt es hier für manche Patient:innen kein ausreichendes Ansprechen.8-10 Aktuelle Erkenntnisse durch die erfolgreiche Behandlung einzelner SLE‑Patient:innen mit und ohne Nierenbeteiligung mit chimärer‑Antigenrezeptor (CAR)‑T‑Zellen lassen vermuten, dass eine tiefere B‑Zell‑Depletion benötigt wird, um ein höheres Ansprechen oder gar eine behandlungsfreie Remission zu ermöglichen. Zum Erreichen dieses Ziels stehen weiterhin Biologika sowie die genannte CAR‑T‑Zelltherapie im Fokus.2,7,11-15
Trotz der positiven Erkenntnisse zur B‑Zell‑Depletion im Kontext von SLE und LN ist die Therapielandschaft für Patient:innen mit LN aktuell noch stark limitiert.1,4 Der Einsatz von alkylierenden Substanzen oder Immunsuppressiva als Monotherapie oder in Kombination mit einer B‑Zell‑depletierenden Therapie (jeweils plus Glukokortikoide) stellt den Therapiestandard in der Erstlinie dar. Doch die Remissionsraten sind als eher gering zu bewerten.1 Wenn diese Therapieoptionen versagen, kann ein alternatives Biologikum zur B‑Zell‑Depletion zum Einsatz kommen, allerdings off Label.4
Die aktuelle Versorgungssituation verdeutlicht den hohen medizinischen Bedarf an innovativen und effektiven Therapieansätzen, die eine tiefere und schnellere B‑Zell‑Depletion ermöglichen, um so eine frühe Remission zu erreichen und die Nierenfunktion langfristig zu erhalten.
Videolänge: 00:29 min
Fehlgeleitete, pathogene B-Zellen spielen eine zentrale Rolle in der Pathogenese der Lupus Nephritis. Daher rückt die gezielte Depletion dieser Zellen zunehmend in den Fokus moderner Behandlungsstrategien. Wie Patient:innen davon profitieren könnten, erklärt Dr. Mucke im Interview.
Die Diskussion zur optimierten Versorgung der Patient:innen befasst sich zunehmend mit dem frühen Einsatz von Kombinationstherapien, in denen die B‑Zell‑Depletion ein zentrales Element bildet. Ziel ist es, das Fortschreiten der Nierenschädigung und eine terminale Niereninsuffizienz durch eine schnelle Remission zu verhindern. Neue Wirkstoffe, welche schnell eine tiefe B‑Zell‑Depletion erreichen können, stehen im Fokus.4,14,15
Die Phase‑III‑Studie REGENCY, die kürzlich auf internationalen und nationalen Kongressen präsentiert wurde, markiert einen wichtigen Meilenstein: Erstmals konnten positive Ergebnisse mit einem gegen CD20 gerichteten monoklonalen Antikörper belegt werden.14 Die Kombinationstherapie mit dem untersuchten Biologikum findet bereits Erwähnung in aktuellen Leitlinien – sowohl in der neuen S3‑Leitlinie zum Management des SLE als auch in den Empfehlungen der EULAR.4,16
Und was ist mit der CAR‑T‑Zell‑Therapie? Hier sind wir noch ganz am Anfang:
Phase‑I/II klinische Studien laufen gerade erst an, und viele Fragen zur Sicherheit müssen noch beantwortet werden.17-20 Bis dahin bleibt die Anwendung von CAR‑T‑Zellen noch Zukunftsmusik – aber eine Melodie, die vielversprechend klingt.
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1. Alforaih N et al. Appl Lab Med. 2022;7(6):1450-1467.
2. Krickau, Tobias et al. The Lancet, Volume 403, Issue 10437, 1627 – 1630.
3. Bertsias et al. Annals of the Rheumatic Diseases 2012; 71(11), 1771-82.
4. Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie e.V., Management des systemischen Lupus erythematodes, Version: 1.2, 14.06.2025, verfügbar unter: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/060-008, Zugriff am: 15.09.2025
5. Anders HJ et al. Nat Rev Dis Primers. 2020 Jan 23;6(1):7.
6. Mageau A, 2019 Autoimmun Rev. Jul;18(7):733-737.
7. Taubmann et al. Arthritis Rheumatol, 2024;76: 497-504.
8. Rovin BH et al. Arthritis Rheum. 2012 Apr;64(4):1215-26.
9. Ottawa (ON): Canadian Agency for Drugs and Technologies in Health; 2023 Feb. Available from: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK601812/
10. Rovin BH et al. Kidney Int. 2022 101(2):403-413.
11. Andrea Fava N Eng J Med, 2025;392:1545-1547.
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16. 16. Mucke, J., Leitlinien und deren praktische Bedeutung, Symposium, Deutscher Rheumatologie-Kongress der DGRh 2025, S08.02.
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