Gynäkoonkologie

Familienplanung trotz Brustkrebs – Wunschdenken oder Realität?

„Sie haben Brustkrebs“ – ein Satz, der viele Patientinnen von heute auf morgen aus ihrem gewohnten Alltag reißt und das Leben nachhaltig verändert. Mammakarzinome zählen schon im jungen (20–29 Jahre) und im mittleren (30–44 Jahre) Erwachsenenalter zu den häufigsten Krebserkrankungen bei Frauen.1 Ein Alter, in dem das Thema Familienplanung bei vielen Frauen aktuell wird. Schnell kommt dann die Frage auf, ob es trotz einer anstehenden oder laufenden Krebstherapie noch möglich ist, Nachwuchs zu bekommen. Denn eine zytotoxische Systemtherapie oder Bestrahlung führt je nach Alter der Patientin und Art der Therapie zu einem vorübergehenden oder endgültigen Ausbleiben der Menstruation und folglich zu einer eingeschränkten Fertilität. Gleichzeitig werden die Überlebensraten onkologischer Patientinnen zunehmend besser und somit das Thema Fertilitätserhalt immer wichtiger. Fertilitätsprotektive Maßnahmen, die noch vor Beginn einer chemo- oder strahlentherapeutischen Behandlung ergriffen werden, können die Chance auf eine Schwangerschaft nach der Therapie erhöhen. Dafür sollte die Patientin frühzeitig vor dem Beginn der Krebstherapie über die verschiedenen Optionen informiert und aufgeklärt werden.

 

In Deutschland erkranken jährlich rund 70.000 Menschen an Brustkrebs, 66.800 davon sind Frauen.2 Damit zählt Brustkrebs zur häufigsten Krebsart des weiblichen Geschlechts. Viele Patientinnen mit Tumorerkrankungen empfinden dabei das mögliche Risiko einer therapiebedingten Infertilität als ähnlich belastend wie die Erkrankung selbst. 76  % der betroffenen Frauen und Männer unter 35 Jahren wünschen sich später ein Kind.3 Jede 7. Patientin wäre sogar bereit, Einbußen bei der onkologischen Sicherheit für sich in Kauf zu nehmen, wenn dadurch ein späterer Kinderwunsch erfüllt werden könnte.4 Konzepte zum Erhalt der Fertilität und die Beratung darüber müssen daher integraler Bestandteil onkologischer Behandlungen von Patientinnen im reproduktiven Alter sein. Entsprechende Empfehlungen der relevanten Fachgesellschaften sind in den S2k-Leitlinien „Fertilitätserhalt bei onkologischen Erkrankungen“ zusammengefasst.5 Denn eine Schwangerschaft nach einer Krebsbehandlung ist oft nur noch möglich, wenn Maßnahmen zum Fertilitätserhalt vor der onkologischen Therapie durchgeführt werden. Auch wenn seitens der Patientin noch kein aktiver Wunsch nach Nachwuchs besteht, sollten daher im Vorfeld die Risiken und etwaigen Folgen der Brustkrebstherapie auf die Ovarialfunktion besprochen werden. Die tatsächliche Auswirkung der gonadalen Schädigung hängt dabei von Art, Dosis und Dauer der medikamentösen Therapie und der Strahlentherapie sowie vom Alter der Patientin ab.

Medizinische Möglichkeiten des Fertilitätserhaltes

Eine Möglichkeit zum Fertilitätserhalt bietet die Kryokonservierung, das Einfrieren entnommener Eizellen, um diese zu einem späteren Zeitpunkt für eine In-vitro-Fertilisation bzw. Kinderwunschbehandlung zu verwenden. Dieser Prozess kann zu jedem Zeitpunkt des Zyklus gestartet werden und dauert rund 14 Tage. Sofern es die ovarielle Reserve der Patientin zulässt, werden mit Hilfe einer Punktion durch die Scheide 10 – 15 Eizellen entnommen und eingefroren. Ist der Zeitpunkt zwischen der ersten Beratung zum Fertilitätserhalt und dem Beginn der Krebstherapie zu kurz, kann auf die Kryokonservierung des Eierstockgewebes ausgewichen werden. Bei dieser Methode lassen sich nach kurzer Planung 50 % des Eierstocks laparoskopisch entnehmen und einfrieren. Eine Retransplantation von Eierstockgewebe ist jedoch nur dann möglich, wenn eine gleichzeitige Rückübertragung von bösartigen Zellen der primär vorliegenden Erkrankung weitgehend ausgeschlossen werden kann. Bei Brustkrebs wird dieses Risiko als niedrig eingestuft. Die Entscheidung wird jeweils im Einzelfall und unter Berücksichtigung der mikroskopischen Begutachtung eines Teils des eingefrorenen Eierstockgewebes getroffen. Muss sich die Patientin einer Ganzkörperbestrahlung unterziehen, so können die Eierstöcke laparoskopisch aus dem Bestrahlungsfeld hinaus verlegt werden. Dabei werden sie von der Gebärmutter getrennt und beispielsweise unterhalb des Zwerchfells eingesetzt. Somit entsteht die Möglichkeit, dass die Hormonproduktion der Patientin intakt bleibt.6,7

Neben diesen Optionen kann auch eine medikamentöse Begleittherapie mit Gonadotropin-Releasing-Hormon-Agonisten (GnRHa) während der Chemotherapie in Frage kommen. Diese haben die Unterdrückung der Eierstockfunktion zum Ziel, wodurch der Organismus künstlich in die Vorpubertät zurückversetzt wird. Somit können die Eierstöcke vor den schädlichen Auswirkungen der Chemotherapie geschützt werden. Daten zum Langzeiteffekt dieser Methode gibt es jedoch noch nicht.8

Das Kinderwunsch-Portfolio von Roche

In jeder Phase der Familienplanung – ob mit oder ohne fertilitätserhaltenden Maßnahmen – können diagnostische Verfahren die Betroffenen unterstützen, angefangen vom Kinderwunsch bis hin zum Schutz des Lebens von Mutter und Kind während der Schwangerschaft. Roche Diagnostics bietet dafür mit seinem Kinderwunsch-Portfolio eine umfassende Auswahl an diagnostischen Tests für die Reproduktionsmedizin. Vor Beginn der Kinderwunschbehandlung werden in der Eingangsuntersuchung neben infektionsserologischen Parametern der Basisdiagnostik (HIV, HBV und HCV) in der erweiterten Diagnostik Infektionen durch die Erreger Rubella-Virus, T. gondii, CMV und T. pallidum (Syphilis) abgeklärt, die gefürchtete Risiken für das ungeborene Kind darstellen. Die Hormondiagnostik von Roche bietet zudem alle relevanten Parameter zur Bestimmung des Hormonstatus, z. B. ermöglicht AMH eine zuverlässige Beurteilung der ovariellen Funktionsreserve. Weitere Parameter erlauben die Abklärung möglicher Ursachen für den unerfüllten Kinderwunsch in relevanten Indikationsgebieten. Zusätzlich unterstützen die Parameter FSH, LH und Estradiol das Zyklusmonitoring während der Kinderwunschbehandlung. Für eine erweiterte Diagnostik stehen Parameter wie das Androstenedione und Tests aus dem Portfolio der Schilddrüsen- und Tumormarker oder zur Abklärung des Vitamin D-Status zur Verfügung. Weitere Informationen unter:
https://www.roche.de/diagnostik-produkte/produktkatalog/tests-parameter/kinderwunsch-portfolio/

FertiPROTEKT Netzwerk als Wegweiser

Zur weiteren Unterstützung der betroffenen Frauen gibt es den FertiPROTEKT Netzwerk e.V. Dieser umfasst rund 115 reproduktionsmedizinische Zentren und Kliniken aus Deutschland, Österreich und der Schweiz und wurde zur Etablierung des Fertilitätserhaltes von Frauen gegründet. Den Mitgliedern werden innerhalb des Netzwerkes wissenschaftlich evaluierte und diagnosebezogene Therapiemöglichkeiten geboten. Betroffene Patientinnen können sich aber auch eigenständig an FertiPROTEKT wenden, um weitere Informationen zu möglichen Verfahren zu erhalten oder ein passendes Zentrum in der Nähe zu finden.9

Erfolg durch frühzeitige Beratung

Die moderne Diagnostik und Medizin bietet für Frauen mit Brustkrebs und Kinderwunsch viele Möglichkeiten, die alle dasselbe Ziel verfolgen: Die Fruchtbarkeit zu erhalten, damit sich der Herzenswunsch dieser Frauen nach eigenen Kindern selbst nach ihrer Krebsbehandlung noch erfüllt. Dabei fällt die Beratung und Aufklärung zu den verschiedenen fertilitätserhaltenden Maßnahmen in eine hoch emotionale Phase und erzeugt, neben Gesprächen über die anstehende Krebstherapie, eine doppelte Belastung. Dennoch erhöht eine rechtzeitige, individuelle Beratung die Wahrscheinlichkeit, dass die Patientin nach ihrer überstandenen Therapie schwanger werden kann. Dazu kann das Gespräch, inmitten der anfänglichen Hilflosigkeit, einen positiven Ausblick auf die Zukunft vermitteln.

1. Zentrum für Krebsregisterdaten (04.09.2018): „Krebsdiagnosen im Lebensverlauf.“ In: krebsdaten.de.
 https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Publikationen/Kurzbeitraege/Archiv2018/2018_4_Thema_des_Monats_lebensverlauf.html (Abgerufen am 28.03.2022).

2. Deutsche Krebshilfe (o.D.): „Brustkrebs.” In: krebshilfe.de.
 https://www.krebshilfe.de/informieren/ueber-krebs/krebsarten/brustkrebs/#c20556 (Abgerufen am: 28.03.2022).

3. Schover LR et al. (1999): „Having children after cancer. A pilot survey of survivors' attitudes and experiences.“ In: Cancer. 86: 697–709.

4. Li A et al. (2015): „The effect of practitioner education on fertility preservation awareness, perception and clinical practice. Obstetrics and Gynecology.“ In: Obstetrics & Gynecology. 125: 8–9.

5. AWMF (01.11.2017): „Fertilitätserhalt bei onkologischen Erkrankungen.“ Leitlinie der DGGG, DGU und DGRM (S2k-Level, AWMF Register Nr. 015/082, November 2017). In: awmf.org.
 http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/015-082.html (Abgerufen am: 28.03.2022).

6. Sänger, N (18.09.2019): „Brustkrebs und Kinderwunsch.“ In: mammamia-online.de.
 https://mammamia-online.de/brustkrebs/brustkrebs-und-kinderwunsch/ (Abgerufen am: 28.03.2022).

7. Universitätsklinikum Düsseldorf (o.D): „UniCareD: Kompetenz und interdisziplinäre Betreuung – spezialisiert auf die Kryokonservierung von Keimzellen und Keimgeweben zum Fruchtbarkeitserhalt bei keimzellschädigenden Erkrankungen und Therapien“ In: uniklinik-duesseldorf.de.
 https://www.uniklinik-duesseldorf.de/patienten-besucher/klinikeninstitutezentren/klinik-fuer-frauenheilkunde-und-geburtshilfe/unsere-zentren-spezialabteilungen/unicared-fertilitaetsprotektion/fertilitaetsprotektion-bei-der-frau (Abgerufen am 12.04.2022).

8. Allianz gegen Brustkrebs (o.D.): „Ein Baby nach der Chemo.“ In: allianz-gegen-brustkrebs.de.
 https://www.allianz-gegen-brustkrebs.de/index.php/schwangerschaft-nach-brustkrebs (Abgerufen am: 13.04.2022).

9. FertiPROTEKT (o.D.): „Was ist der FertiPROTEKT Netzwerk e. V.?.“ In: fertiprotekt.de.
 https://fertiprotekt.com/aerzte-fachpersonen/netzwerk/ (Abgerufen am: 13.04.2022).

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