KIT beim NSCLC

Ansprechen auf KIT

Hintergründe und Praxistipps: Wenn das Ansprechen auf die Krebsimmuntherapie (vorerst) ausbleibt
  • Tecentriq® 1875 mg Injektionslösung
  • Tecentriq® 840 mg/1200 mg Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung
Abstract

In der Krebsimmuntherapie (KIT) stehen komplexe Herausforderungen bevor, wenn Patient:innen auf die Behandlung scheinbar nicht ansprechen oder beschleunigtes Tumorwachstum erfahren. Welche Rolle spielen Pseudo- und Hyperprogression sowie Therapieresistenz und gibt es Bewertungskriterien? Wie sehen die aktuellen klinischen Strategien aus und wie können zukünftig innovative Ansätze wie Liquid Biopsy und gezielte T-Effektorzellen (Teff)-Modifikation die Therapie verändern?

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Die Beurteilung des Ansprechens auf Immuntherapien ist aufgrund atypischer Muster wie Pseudoprogression (PsP) komplex.1,2 Ohne zuverlässige Marker für Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICI) spielt die radiologische Bewertung eine Schlüsselrolle. Herkömmliche Kriterien wie Response Evaluation Criteria in Solid Tumours (RECIST) erfassen PsP unzureichend.2 Daher wurden spezielle Kriterien wie das „immune-related“ RECIST (irRECIST) und das „immune“ RECIST (iRECIST) entwickelt, um präzisere Definitionen für das Ansprechen auf Immuntherapien zu liefern und kritische Entscheidungen zu verhindern.2

Krebsimmuntherapie (KIT) – Das Wichtigste in Kürze

 

  • Pseudoprogression (PsP) mit anfänglichem Tumorwachstum kann als Therapieversagen fehlinterpretiert werden
  • Hyperprogression (HP) mit mind. 2x Tumorwachstum und schlechter Prognose assoziiert
  • Bewertungskriterien wie iRECIST/irRECIST notwendig
  • Oligoprogression: Fortführen der KIT + Bestrahlung
  • Multiple Progression: Einsatz von Kombinationstherapien
  • IL-8, ctDNA sind potentielle Biomarker zu Therapieansprechen und Unterscheidung der PsP
  • Pseudoprogression gleich Therapieversagen?

    Krebsimmuntherapien (KIT) haben die Behandlung erheblich verbessert, jedoch auch zu einem neuartigen Ansprechen von Tumoren, der Pseudoprogression (PsP), geführt.2 Erstmals bei Melanom-Patient:innen mit bis zu 10 % Häufigkeit entdeckt, wurde die PsP dort mit verbessertem Überleben assoziiert.3 Die PsP ist gekennzeichnet durch eine anfängliche Tumorvergrößerung und/oder das Auftreten neuer Läsionen, gefolgt von einer Abnahme der Tumorlast.3 Beim nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) ist PsP seltener (5 % oder weniger). Unwissen über diese seltene Form des Ansprechens kann deshalb zu unnötigen Therapieabbrüchen führen.3

    Pseudoprogression: Was steckt dahinter?

    Die PsP tritt oft um Woche 12 nach Beginn der KIT auf, aber ihr genauer Zeitpunkt ist nicht klar definiert. Der Mechanismus ist bisher unklar, es gibt jedoch verschiedene Theorien3:

    • Lokale Gewebereaktionen, wie die Einwanderung von Immunzellen, Ödeme und Gefäßpermeabilitätsanomalien, führen zu erhöhtem Kontrast in bildgebenden Verfahren.3
    • Bei Hirnmetastasen von NSCLC-Patient:innen kann Bestrahlung zu Schädigungen von Endothelzellen führen, mit erhöhter Gefäßpermeabilität, Verdickung der Gefäßwand und Gefäßokklusion.3
    • Die durch KIT induzierte adaptive Immunantwort benötigt Zeit, während der das Tumorgewebe weiterwächst.3
    Pseudoprogression beim NSCLC

    Die PsP zeigt sich durch vorübergehendes Tumorwachstum, neue Läsionen und einen verlangsamten Krankheitsverlauf. Beim NSCLC können zudem Anzeichen wie ein rezidivierender Pleuraerguss, Perikarderguss oder peritumorale Milchglastrübung im Röntgen-Thorax Hinweise sein.3 Zur Bewertung sollten neue Ansprechstandards wie iRECIST oder irRECIST herangezogen werden, doch klare Marker für das Ansprechen auf KITs fehlen, weshalb Biopsien als Goldstandard gelten.3

    Die Unbekannte: Hyperprogression

    Abzugrenzen von der PsP ist die Hyperprogression (HP), die zu einer deutlich verschlechterten Prognose führt.3 Erstmals beschrieben im Jahr 2017 wurde die HP definiert als Fortschreiten der Erkrankung gemäß RECIST und einer mindestens verdoppelten Tumorwachstumsrate (TGR) zwischen dem Zeitraum vor und nach Start der KIT.  Laut Kim et al. erfuhren über 10 % der NSCLC-Patient:innen  eine HP mit teils drastisch reduziertem Gesamtüberleben verglichen mit Patient:innen mit einem gutem/partiellem Ansprechen (5,5 vs. 18,3 Monate).  Der genaue Mechanismus ist bis jetzt unklar, Risikofaktoren sind jedoch starkes Rauchen, eine sehr niedrige PD-L1-Expression und multiple Metastasen, die bei der Therapieentscheidung berücksichtigt werden sollten.5

    Onkopedia: Leitfaden für Immuntherapie-Progressionen

    Heutige KITs mit dem Ansatzpunkt „programmed death receptor/ligand“ (PD-1/PD-L1) können beim fortgeschrittenen und metastasierten NSCLC in der Erstlinie objektive Ansprechraten (ORR) von 35,9 – 58,0 % in Kombinationstherapien und 27,0 – 45,0 % als Monotherapie erzielen.1,6  Kommt es zur Progression, gibt Onkopedia klare Handlungsempfehlungen für die klinische Praxis: Bei einer Oligoprogression unter laufender Erhaltungstherapie mit ICI wie Pembrolizumab, Atezolizumab, Cemiplimab oder Nivolumab+Ipilimumab soll eine Fortsetzung des ICI und die Bestrahlung der oligoprogredienten Metastase erfolgen.  Durch die zusätzliche Strahlentherapie sollen immunstimulatorische Effekte erzielt und Metastasen eliminiert werden.7 Bei systemischer/multipler Progression werden hingegen Kombinationstherapien und erneute Gabe von KITs empfohlen.8

    Vielschichtige Faktoren in der Therapieresistenz von KITs

    Das Ansprechen auf KITs und die Entwicklung von Therapieresistenz werden durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Intrinsische Faktoren umfassen Tumor und Tumormikromilieu (tumor microenvironment, TME), Epigenetik, Alter, Geschlecht und zirkulierendes Mikrobiom.1,8 Extrinsische Faktoren wie Umwelteinflüsse, psychosoziale Einflüsse, Lebensstil und mikrobielle Faktoren spielen ebenfalls eine Rolle.1,8 Resistenzfaktoren werden in primäre, etwa geringe Teff-Zell-Infiltration, epigenetische Modulation, PD-1-Resistenz, genetische Treiber wie STK11/KEAP1, PTEN oder WNT/beta-Catenin, und sekundäre/erworbene Faktoren unterteilt.8,9 Sekundäre Resistenzmechanismen können eine verringerte Antigenexpression, epigenetische Modifikationen und T-Zell-Erschöpfung umfassen.5,8,9,10

    Neue Hoffnung: Biomarker gegen Therapieabbrüche?

    Um vorzeitige Therapieabbrüche aufgrund von Pseudoprogression zu vermeiden, gibt es differenzierende Methoden wie Bildgebung und pathologische Untersuchungen.2 Klare und einfach zu ermittelnde Marker zur eindeutigen Unterscheidung fehlen bisher allerdings und sind Gegenstand verschiedener Studien.2 Als vielversprechend zeigt sich die Analyse von zirkulierender Tumor-DNA (ctDNA) aus einer Liquid Biopsy.2 Auch die Serumlevel von Interleukin-8 (IL-8) und der Matrix-Metalloproteinase-2 (MMP2) könnten zukünftig als Biomarker dienen.2

    Personalisierte Ansätze gegen Resistenz im Fokus

    KITs haben die NSCLC-Therapie revolutioniert, doch ihre Effektivität hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zukünftige Forschung sollte sich auf prädiktive Biomarker und die Auswirkungen extrinsischer und intrinsischer Faktoren auf das Tumoransprechen konzentrieren.2,11 Diese Erkenntnisse ermöglichen individualisierte Therapien mit optimalen Kombinationen gegen Resistenzmechanismen. Ein verbessertes Monitoring des TME erleichtert das schnelle Reagieren auf Veränderungen.2,11 Neue Ansätze wie die adoptive Zelltherapie (ACT), bei welcher Teff-Zellen außerhalb des Körpers gezielt modifiziert und anschließend reinfundiert werden, und innovative Immuntherapien bieten zukünftig vielversprechende Chancen für Patient:innen.2,11

    Der PD-L1-Inhibitor Tecentriq ist auch als subkutane Darreichungsform (Tecentriq® SC) verfügbar. Statt 30 bis 60 Minuten der i.v.-Gabe benötigt die Verabreichung von Tecentriq SC im Schnitt nur sieben Minuten. Tecentriq SC ermöglicht die subkutane Anwendung von Atezolizumab in allen zugelassenen Indikationen der intravenösen Form und hat sich als genauso wirksam und sicher erwiesen. Mehr

    1. Morad G et al. Cell. 2021;184(21):5309-5337

    2. Zhou L et al. J Cancer Res Clin Oncol. 2020;146(12):3269-3279.

    3. Chen MY, Zeng YC. Crit Rev Hematol 2022;169:103531

    4. Champiat S et al. Clin Cancer Res 2017;23:1920–8

    5. Kim SR et al. BMC Cancer. 2021;21(1):19

    6. Spigel D et al. ESMO 2019, Abstract No. LBA78

    7. Griesinger F et al. Lungenkarzinom, nicht-kleinzellig (NSCLC). Onkopedia Leitlinie, Stand: November 2022

    8. Zhou S, Yang H. Front Immunol. 2023;14:1129465

    9. Boyero L et al. Cancers (Basel). 2020;12(12):3729.

    10. Karasarides M et al. Cancer Immunol Res. 2022;10(4):372-383

    11. Said SS, Ibrahim WN. Pharmaceutics. 2023;15(4):1143.

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