Sekundärpräventive Maßnahmen bei Alzheimer: Was bringen sie wirklich?

Mehr Sport, gesunde Ernährung, nicht rauchen: Diese Dinge kann man vermutlich fast jedem Patienten und jeder Patientin raten. Wie wichtig diese Maßnahmen aber gerade mit Blick auf die Alzheimer-Krankheit sind, zeigt eine aktuelle Studie. Erfahren Sie hier mehr darüber, welche Patient:innen ein erhöhtes Alzheimer-Risiko haben – und welchen Nutzen gezielte Sekundärprävention wirklich bieten kann.

Alzheimer-Sekundärprävention: Was ist das überhaupt?

Bei der Sekundärprävention geht es um die Früherkennung bzw. Verhinderung der Progredienz einer Erkrankung. Ihr Ziel ist es, möglichst früh in den Krankheitsverlauf einzugreifen, um diesen positiv zu beeinflussen. 

Wichtige Beispiele für sekundärpräventive Maßnahmen:

  • Screening- bzw. Vorsorgeuntersuchungen
  • Individuelle Risikoanalyse
  • Gesundheitsförderung, z.B. durch Lebensstil-Anpassungen

Die Sekundärprävention richtet sich nicht nur an Patient:innen mit frühen Anzeichen einer Erkrankung, sondern auch an symptomfreie Personen mit entsprechendem Risikoprofil.

Im Kontext einer Alzheimer-Krankheit bedeutet das: Nicht nur Patient:innen mit bereits diagnostizierter MCI (mild cognitive impairment) bzw. prodromaler Alzheimer-Erkrankung können von Maßnahmen zum Risikomanagement profitieren, sondern auch asymptomatische Menschen (Primärprävention). Denn bei der Alzheimer-Krankheit können pathologische Gehirnveränderungen bereits viele Jahre vor dem Auftreten erster klinischer Symptome beginnen.1

Doch wer hat ein erhöhtes Alzheimer-Risiko? Eine Antwort hierauf liefert Professor Dr. Craig Ritchie, Edinburg, UK, im Video-Experteninterview.

Sekundärprävention bei Alzheimer: Das sagt die Studienlage

Die Progression einer Alzheimer-bedingten Gedächtnisstörung zu einer Demenz kann durch Maßnahmen zum Risikomanagement bei bis zu 40% der Fälle verhindert oder verlangsamt werden. Zu diesem Ergebnis kommt die Lancet-Kommission in ihrem Bericht von 2020 zur Prävention und Therapie von Demenzerkrankungen.2

Die Studie fasst den aktuellen Wissensstand anhand systematischer Literatur-Reviews und Meta-Analysen zusammen. Dabei wird der vorausgegangene Kommissionsbericht aus dem Jahr 2017 mit neuesten Erkenntnissen zu Risikofaktoren und Demenzprävention ergänzt. Demnach zeigt sich der Nutzen der Sekundärprävention bei der Alzheimer-Krankheit u.a. in den Bereichen:2

  • Hörverlust: Aktiver Hörschutz bzw. die Verwendung eines Hörgeräts zeigt eine protektive Wirkung gegen kognitiven Abbau.
  • Erhöhter Blutdruck: Blutdrucksenkende Mittel können das Risiko für die Entwicklung einer Demenzerkrankung reduzieren (Empfehlung: systolischer Blutdruck ≤ 130 mm Hg bei über 40jährigen).
  • Fitness: Körperliche Aktivität kann das Risiko für Fettleibigkeit, Diabetes und Demenz reduzieren; Menschen mit MCI können insbesondere vom aeroben Training profitieren.
  • Tabakkonsum und Luftverschmutzung: Raucher:innen haben ein höheres Demenzrisiko als Nicht-Raucher:innen, welches durch den Verzicht auf Tabak – auch in älteren Jahren – reduziert werden kann. Auch eine erhöhte Luftverschmutzung kann das Risiko für Alzheimer erhöhen.
  • Alkoholkonsum: Alkoholabusus wirkt sich negativ auf die Gehirngesundheit aus und korreliert stark mit Frühdemenz; diese Risiken können durch die Reduzierung bzw. den Verzicht auf Alkohol gesenkt werden (Empfehlung: ≤ 21 Einheiten bzw. 210ml/Woche).
  • Schlaf: Das Risiko an der Alzheimer-Krankheit zu erkranken ist bei Menschen, die mehr als 7 Stunden pro Nacht schlafen, um bis zu 30% niedriger als bei Menschen, die weniger als 7 Stunden pro Nacht schlafen.2,4,5
  • Soziale Isolation: Depressionen können das Risiko für die Entwicklung einer Demenzerkrankung erhöhen und eine bestehende Demenz verschlechtern. Soziale Kontakte gelten inzwischen als ein anerkannter Schutzfaktor für Demenz, denn durch sie ist das Gehirn vielfach gefordert.

Der Lancet -Bericht betont ebenfalls, dass Faktoren, die das Alzheimer-Risiko erhöhen bzw. senken, ihre Wirkung früh entfalten und über den gesamten Lebensverlauf weiterwirken können. Es sei deshalb nie zu früh oder zu spät, Risikopatient:innen mit individuellen Interventionen zur Förderung ihrer Allgemein- sowie Gehirngesundheit zu unterstützen.2

So fördern Sie die Gehirngesundheit Ihrer Patient:innen 

Was können Sie tun, um die Gehirngesundheit Ihrer Patient:innen zu fördern? Erklären Sie zunächst, warum das Thema wichtig ist und welche Rolle die Alzheimer-Früherkennung dabei spielt. 

Nehmen Sie sich im Rahmen des Arzt-Patienten-Gesprächs die Zeit für eine sorgfältige Anamnese und beziehen Sie nach Möglichkeit nahe Angehörige mit in die Demenzdiagnostik ein. Neben den klassischen neuropsychologischen Tests gibt es neue digitale Tools (z. B. die App neotivCare) für die Erkennung bzw. den Ausschluss leichter kognitiver Störungen (MCI).3 Zur Differentialdiagnostik der Demenz können eine Computer- oder Kernspintomographie des Kopfes, eine Liquor-Untersuchung und ggf. eine Gendiagnostik durchgeführt werden.

Als Unterstützung für das Arzt-Patienten-Gespräch können Sie hier folgende Dokumente herunterladen:

Ein Merkblatt zum Gehirn-Check-Up
Die Patientenbroschüre „Demenz vorbeugen“

Abschließend lässt sich zusammenfassen: Wenn es um die Gehirngesundheit Ihrer Patient:innen geht, ist frühes Erkennen und Handeln möglich und sinnvoll. Gezielte sekundärpräventive Maßnahmen können sich in jeder Lebensphase positiv auf das Alzheimer-Risiko bzw. den Alzheimer-Krankheitsverlauf auswirken.2 Zudem gibt es pharmakologische Optionen (z. B. Immun-Therapien, ACE-Hemmer, Antidepressiva), die den Krankheitsprozess verzögern bzw. Symptome lindern können. Aber auch psychosoziale Interaktion unter Einbeziehung der Angehörigen (z. B. kognitive Intervention, Ergotherapie, körperliches Training) spielt eine wichtige Rolle. Mithilfe der Alzheimer-Frühdiagnose kann dabei ein früher Therapiebeginn die Lebensqualität von Betroffenen positiv beeinflussen.


 

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