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Der Monat Oktober steht ganz im Zeichen der Awareness für Leberkrebs. Ein guter Anlass, um auf eine der zentralen Herausforderungen bei dieser Tumorerkrankung zu blicken: Die Früherkennung und Überwachung von Risikopatient:innen. Denn aktuelle Versorgungsdaten aus Deutschland zeigen deutlich, dass hier noch große Lücken bestehen. Doch es gibt auch Hoffnung: Smarte Technologien, wie der GAAD-Algorithmus, können heute dabei helfen, diese Lücken zu schließen - und die Chance auf eine frühzeitige Diagnose erhöhen.
Eine frühzeitige Diagnose ist bei jeder Krebserkrankung entscheidend für die Prognose der Patient:innen. Umso herausfordernder sind Tumoren, die sich im Frühstadium kaum bemerkbar machen. Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) gehört zu diesen stillen Tumoren, die lange Zeit keine eindeutigen Symptome zeigen und nur wenige Beschwerden verursachen. Entsprechend wird die Erkrankung häufig erst im fortgeschrittenen Stadium entdeckt. Obwohl zuletzt insbesondere Kombinationsregime mit Checkpoint-Inhibitoren enorme Fortschritte in die Behandlung des fortgeschrittenen HCC gebracht haben (hier mehr erfahren zu aktuellen Daten aus der Versorgung), ist die Prognose im fortgeschrittenen Setting nach wie vor ungünstig. Die Mortalitätsrate beim HCC ist im Vergleich zu anderen Tumoren alarmierend hoch. Umso entscheidender ist es, Strategien zur Früherkennung des HCC konsequent in der Versorgung zu etablieren - damit in Zukunft mehr Patient:innen frühzeitig diagnostiziert und behandelt werden können.
Welche Patient:innen sind aber besonders gefährdet, an einem HCC zu erkranken, und sollten entsprechend intensiv überwacht werden? Neue Erkenntnisse im Kontext dieser Fragestellung liefert - erstmals auf Basis von Krankenkassendaten aus Deutschland - eine umfassende epidemiologische Analyse der AG Versorgungsforschung der LMU München unter der Leitung von PD Dr. Karin Berger-Thürmel. In Kooperation mit der BARMER Krankenkasse wurden retrospektiv die Abrechnungsdaten von 2.778 Versicherten auf Risikofaktoren und Charakteristika, die der HCC-Diagnose vorausgingen, untersucht. Erste Daten aus der Analyse wurden im Juni 2024 im Rahmen des ESMO GI in München vorgestellt.1
Die zentrale Erkenntnis: Diabetes mellitus ist der mit Abstand häufigste Risikofaktor - bei 3 von 4 Patient:innen (76%) wurde vor der HCC-Diagnose bereits ein Diabetes diagnostiziert. Auf den weiteren Plätzen folgten Adipositas (56%) und Leberfibrose oder -zirrhose (44%).1
Die Untersuchung bestätigt damit erstmals auch für Deutschland einen Trend, der international schon länger zu beobachten ist: In den westlichen Industrienationen verschiebt sich die HCC-Ätiologie von viral zu metabolisch bedingt - der Mehrheit der HCC-Diagnosen gehen heute Stoffwechselerkrankungen voraus.1,3 In diesem Kontext zudem bemerkenswert eine weitere Erkenntnis der LMU-Analyse: Metabolische und verhaltensbedingte Risikofaktoren treten bei Männern mit bis zu 70% häufiger auf als bei Frauen.1
Welche Handlungsempfehlungen sich aus der Verschiebung der HCC-Risikofaktoren ergeben, hebt Prof. Dr. W.P. Hofmann, Sprecher der Fachgruppe Hepatologie des Berufsverbands niedergelassener Gastroenterologen Deutschlands (bng) und Co-Autor der Analyse, hervor:
“Die HCC-Früherkennung in Deutschland hat noch hohes Verbesserungspotenzial. Durch die Verschiebung der Risikofaktoren hin zu metabolischen Faktoren sollten neue Arztgruppen - zum Beispiel Diabetolog:innen - mit in die Surveillance eingebunden werden.”
Die Surveillance bzw. Überwachung von Risikopatient:innen ist ein weiterer Schwerpunkt, dem sich die Analyse der AG Versorgungsforschung der LMU München widmet. Die aktuelle S3-Leitlinie empfiehlt zur Früherkennung bei Risikopatient:innen eine halbjährliche Ultraschalluntersuchung, die gegebenenfalls noch durch eine Bestimmung des Alpha-Fetoproteins (AFP) ergänzt werden kann.4
Dass diese Leitlinienempfehlung in der Routineversorgung bislang möglicherweise nur unzureichend verankert ist, legen Daten der LMU-Analyse nahe, die Ende September 2024 erstmals im Rahmen des DKVF präsentiert wurden: Gemäß den Daten der BARMER erhielten nur 4% der Patient:innen während 6 bis 10 Jahren des 10-jährigen Beobachtungszeitraums eine leitliniengerechte Ultraschalluntersuchung - lediglich 2% eine AFP-Bestimmung.5
Bei der Interpretation dieser Daten muss zweifellos berücksichtigt werden, dass nur Abrechnungsdaten einer Krankenkasse analysiert wurden und dass in den Krankenkassendaten nur Informationen zur Durchführung von Früherkennungsmaßnahmen im Rahmen der vertragsärztlichen Leistungen in der Niederlassung enthalten sind. Möglich ist zudem auch, dass Patient:innen mit chronischer Lebererkrankung nur unzureichend identifiziert wurden.
Gleichzeitig betont Dr. Peter Buggisch, ebenfalls Sprecher der Fachgruppe Hepatologie des bng und Co-Autor der Analyse, eine weitere Herausforderung bei der Umsetzung von Früherkennungs- bzw. Surveillance-Maßnahmen:
„Eine flächendeckende HCC-Früherkennung durch Ultraschall allein ist nicht machbar. Gute serologische Tests würden die HCC-Früherkennung in Zukunft sehr verbessern.“
Eine vielversprechende Chance, die Früherkennung des HCCs zu verbessern, bieten moderne Technologien und Algorithmen. Beispielhaft dafür steht der von Roche entwickelte GAAD-Algorithmus, der 2023 in einer prospektiven Studie vorgestellt wurde.6 Bei Patient:innen mit chronischer Lebererkrankung konnte der GAAD-Algorithmus ein HCC im Frühstadium mit einer Sensitivität von 70,1% und einer Spezifität von 93,7% zuverlässig nachweisen.6 Diese Daten belegen deutlich das Potential dieser Technologie für die Früherkennung - auch im Vergleich zu herkömmlichen Methoden. Hier mehr erfahren zum GAAD-Algorithmus.
Die aktuellen Erkenntnisse der AG Versorgungsforschung der LMU München unterstreichen die dringende Notwendigkeit, das Bewusstsein für Risikofaktoren beim HCC zu stärken - bei Patient:innen und Behandler:innen verschiedener Fachrichtungen. Früherkennung und Surveillance sind entscheidend dafür, dass in Zukunft weniger Patient:innen erst in einem weit fortgeschrittenen Krankheitsstadium diagnostiziert werden. Entsprechend deutlich auch das Fazit von PD Dr. Karin Berger-Thürmel:
“Unsere Analyse der BARMER-Krankenkassendaten zeigt, dass im Bereich der Leberkrebs-Früherkennung Optimierungsbedarf besteht. Für 46% der Patient:innen wurde keine tumorspezifische Therapie dokumentiert, da die Erkrankung möglicherweise bei Diagnose bereits zu weit fortgeschritten war.“
Innovative Ansätze wie der GAAD-Algorithmus können entscheidend dazu beitragen, die Früherkennung des HCC und Überwachung von Risikopatient:innen zu optimieren.